Gehaltsverhandlungen für Berufseinsteiger – Tipps und Strategien für den neuen Job

Die kniffligste Frage im Bewerbungsgespräch: Dein Gehaltswunsch. Wir haben Tipps und Strategien.

Der neue Job und das Wunschgehalt – ein heikles Thema

Du wurdest zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und es läuft richtig gut. Doch dann kommt die Frage nach der Gehaltsvorstellung. Jetzt nur nicht in Panik verfallen! Gerade beim Berufseinstieg ist die Frage, welches Gehalt angemessen ist, nicht einfach zu beantworten: Eine zu niedrige Forderung sendet ebenso wie eine zu hohe Zahl die falschen Signale. So findest du das richtige Maß.

Zu hohe Gehaltsvorstellungen sind laut einer aktuellen Studie der zweithäufigste Grund für eine Absage einer Bewerbung [1], das macht das Wunschgehalt zu einem heiklen Thema. Wir wollen uns hier aber nicht mit Absagen beschäftigen, sondern darstellen, wie du in Gehaltsverhandlungen souverän auftrittst und den richtigen Wert für deine Arbeitsleistung ermittelst.

Viele Fragen beim Thema Gehaltsverhandlung: Mit welcher Gehaltsvorstellung gehe ich ins Vorstellungsgespräch? 

Neuer Job – Wie wichtig ist das Einstiegsgehalt?

Geld ist nicht alles – ein Allgemeinplatz, aber ein zutreffender, denn manchmal muss man vielleicht auch auf ein paar Euro verzichten, um ein Arbeitsumfeld zu haben, in dem man sich wohlfühlt. Schließlich verbringst du einen Großteil deiner Zeit an deiner Arbeitsstelle. Da sollte nicht nur das Gehalt stimmen, sondern auch die Stimmung, Zusatzleistungen, Entwicklungschancen und Karrieremöglichkeiten sowie die Work-Life-Balance. 

Frag dich also auch, ob der Konzern mit dem tollen Gehalt der Platz ist, an dem du dich wohlfühlen kannst. Manchmal zahlt sich ein Job bei einer kleinen Firma aus, auch wenn sie dir nur ein niedriges Gehalt bezahlen kann. Dafür ermöglicht sie dir vielleicht von Anfang an, Verantwortung und Projekte zu übernehmen, die für deinen weiteren Karriereweg und im nächsten Vorstellungs- und Gehaltsgespräch ausschlaggebend sind.

Das Einstiegsgehalt als Grundlage für deine Gehaltskarriere

Das erste Gehalt in einer Festanstellung ist dennoch nicht völlig egal. Es sollte dir zumindest deshalb wichtig sein, da es die Grundlage für deine spätere Gehaltsentwicklung im Unternehmen bildet. Wenn du dich am Anfang unter Wert verkaufst, wird es schwer, Anschluss zu halten. Große Gehaltssprünge sind in der Regel in Unternehmen nicht üblich. Wenn, dann gehen sie meist mit deutlich mehr Verantwortung (Budget, Personal, Projekte usw.) oder Positionsveränderungen einher.

Wenn du dir vor dem Bewerbungsgespräch einen genauen Überblick über übliche Einstiegsgehälter verschaffst und gute Argumente für dein Wunschgehalt gesammelt hast, kannst du dein gewünschtes Einstiegsgehalt im Vorstellungsgespräch viel besser darlegen und begründen. Seinen eigenen Wert zu kennen, ist Gold wert – wortwörtlich.  

Wie finde ich heraus, welches Gehalt üblich ist?

Für akademische Berufsanfänger liegen die durchschnittlichen Einstiegsgehälter zwischen 35.000 € und 60.000 € – das ist eine weite Spanne und hängt von vielen unterschiedlichen Punkten ab. Am Ende des Artikels haben wir dir Links zu Webseiten aufgelistet, wo du Informationen zu branchenüblichen Durchschnittsgehältern erhältst. Dort findest du erste Ansatzpunkte. Die folgenden Kriterien beeinflussen dein Wunschgehalt zusätzlich.

Es hängt von Ihrem akademischen Abschluss, Ihrer Berufserfahrung und dem Sektor ab, in dem Sie eine Stelle suchen – sei es im privaten oder öffentlichen Sektor. Außerdem können Faktoren wie Standort, Unternehmensgröße und Marktbedingungen die Gehaltsvorstellungen beeinflussen. Nehmen Sie sich daher die Zeit, Gehälter zu recherchieren und zu vergleichen, bevor Sie Ihre eigene Erwartung festlegen. Und nicht zuletzt sollten Sie beachten.

Welche Kriterien beeinflussen mein Einstiegsgehalt?

  • Dein Abschluss (Bachelor/Master/MBA/Dr. …)
  • Fachbereich und Hochschule
  • Die Branche, in der du tätig sein wirst
  • Die Region, in der das Unternehmen sitzt
  • Unternehmensgröße und Art der Firma (kleinere Firmen oder Start-ups können oft nur niedrigere Gehälter als große Konzerne zahlen, bieten aber vielleicht ganz andere spannende Entwicklungsmöglichkeiten für deine weitere Karriere)
  • Tarifbindungen, zum Beispiel für Öffentlichen Dienst (TVÖD) oder die Metall- und Elektroindustrie (IG Metall)
  • Einstellungsart (Direkteinstieg, Trainee …)
  • Leistung (Wer überdurchschnittlich gut ist, kann auch überdurchschnittlich verlangen)

Marktwert steigern? Diese Argumente sind etwas wert!

Du hast eine gute Vorstellung über branchenübliche Durchschnittsgehälter. Vielleicht ist für dich sogar noch mehr drin, denn passende, zusätzliche Qualifikationen machen sich beim Gehaltsgespräch bezahlt.

  • Zusatzqualifikationen wie Fremdsprachen, fachspezifische Qualifikationen, technische Kenntnisse …
  • Auslandsaufenthalte
  • Doppelabschlüsse oder Nebenfächer
  • Praktische Erfahrung (in Praktika oder Nebenjobs)
  • Alleinstellungsmerkmale 

Welche Zusatzleistungen steigern ein Bruttogehalt?

Ein Aspekt, den viele Unternehmen gern betonen und der nicht zu vernachlässigen ist, sind lukrative Zusatzleistungen, die dein Bruttogehalt ergänzen.
Hier ein paar Beispiele für mögliche Zusatzleistungen:

  • Erfolgsbonus 
  • Altersvorsorge
  • Firmenwagen/Firmenfahrrad
  • Bahncard
  • ÖPNV-Ticket
  • Kinderbetreuungskosten
  • Fitnessstudio
  • Essenszuschuss/Kantine
  • Firmen-Laptop/-Handy für daheim

Achtung: Viele dieser Leistungen sind steuer- und sozialversicherungsfrei und zahlen damit nicht auf dein Rentenkonto ein. Auch wenn dein Renteneinstieg noch weit entfernt ist, solltest du darauf achten, dass sich dein Gehalt nicht aus einem extrem niedrigen Grundgehalt und einem bunten Strauß an Zusatzleistungen zusammensetzt. Achte immer auf einen gesunden Ausgleich zwischen den einzelnen Bestandteilen deiner Vergütung. Das gilt auch für den fixen und den variablen Anteil. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten steht der variable Anteil immer eher zur Disposition und kann wegfallen.

Gehaltsverhandlungen im Vorstellungsgespräch

Meist ist die Gehaltsfrage einer der letzten Punkte des ersten Gesprächs oder taucht auch erst im zweiten Gespräch auf. Manchmal wirst du aber in der Stellenausschreibung schon darum gebeten, einen Gehaltswunsch zu nennen. Da du das im Anschreiben nicht so gut begründen kannst wie im persönlichen Gespräch, sollte deine Gehaltsspanne passgenau sein.

Es gilt: Immer nur den Gehaltswunsch in das Bewerbungsschreiben einfügen, wenn explizit in der Stellenanzeige danach gefragt wird!

Gute Argumente im Gehaltsgespräch parat zu haben, zahlt sich aus.

Wie gebe ich meine Gehaltsvorstellung an?

  • Grundlage ist immer ein Brutto-Jahresgehalt
  • Der untere Wert deines Gehaltswunsches sollte vom oberen Wert nicht zu sehr abweichen. Regel: Ca. 2.000 € bis maximal 5.000 €. Eine größere Differenz ist zu schwammig und du wirkst nicht gut informiert.
  • Drei Werte solltest du für dich festgelegt haben:
    Dein Kernziel – das ist das Gehalt, was du wirklich erreichen möchtest
    Eine Idealzahl – das wäre die erste Zahl, die du nennst, wenn du nach deinem Gehalt gefragt wirst, sie liegt leicht höher als dein Kernziel
    Eine Untergrenze  – wenn das Angebot des Unternehmens unter dieser Zahl liegt, lehnst du es ab

Beispiel: Deine Recherche hat ergeben, dass du ein Einstiegsgehalt um die 45.000 € verlangen kannst. Dann nennst du in deiner Bewerbung eine Spanne von 45.000 € bis 48.000 € und nutzt das dann auch anschließend im Gespräch als Grundlage. 

Dein Kernziel wären hier die 45.000 € und dein Idealziel liegt bei 48.000 €. Die 48.000 € nennst du dann in einem Vorstellungsgespräch, wenn du dort zu deinem Gehaltswunsch gefragt wirst. Hab keine Scheu, als erste:r die Zahl zu nennen, es gibt dir den Vorteil, dass du deine vorbereiteten Zahlen und Argumente besser vertreten kannst.

Dein Ausstiegsziel sollte dann nicht weit von deinem Kernziel entfernt sein, da du dich nicht unter Wert verkaufen möchtest. Im vorliegenden Beispiel könnte es bei 42.000 € liegen. Bietet dir das Unternehmen diese Summe oder eine niedrigere, solltest du ablehnen.

Das Einstiegsgehalt ist zu niedrig, kann ich trotzdem annehmen?

All diese Rechenbeispiele dienen in erster Linie der Orientierung, letztlich entscheidest du ganz allein, wo deine Schmerzgrenze liegt. Wenn du merkst, dass es keinen Spielraum in den Verhandlungen gibt, du die Stelle aber trotzdem gern antreten möchtest, weil dir der Job und das Umfeld gefallen, versuche Vorschläge zu machen, mit denen du die Verhandlung doch noch offen halten und positiv abschließen kannst. Zum Beispiel mithilfe folgender Sätze:

  • „Dies ist meine Schmerzgrenze. Sie gewinnen einen kompetenten und qualifizierten Mitarbeiter und ich möchte mich nicht unter Wert verkaufen. Ich habe mich vorab umfangreich darüber informiert, was anhand meiner Ausbildung, Ihrer Firmengröße, der Branche und der Region ein übliches Einstiegshalt für Absolventen ist.“
  • „Mit 40.000 € bin ich einverstanden, wenn wir nach der Probezeit noch einmal über eine Gehaltserhöhung sprechen.“ (Das sollte auf jeden Fall auch schriftlich festgehalten werden mit Informationen zum Zeitraum, der Summe und den Bedingungen für die Gehaltserhöhung.)
  • „Das Gehalt ist in Ordnung, wenn Sie mir dafür bei den Kernarbeitszeiten/ Arbeitszeiten entgegenkommen.“
  • „Mit dem Gehalt bin ich einverstanden, wenn das Unternehmen mir eine Weiterqualifizierung finanziert.“ (Hier solltest du dann am besten auch schon einen Wunsch parat haben.)

Gehalt nachverhandeln

Wenn der Arbeitsvertrag bereits unterschrieben ist und du merkst, dass du unzufrieden bist, kannst du versuchen, das Gehalt nachzuverhandeln. Wichtig ist, eine klare Begründung für die Gehaltserhöhung zu haben. Du solltest deine Leistungen und Erfolge darlegen können, dich sich über die Gehaltsstruktur des Unternehmens informiert haben und prüfen, ob es eine Möglichkeit gibt, das Gehalt aufgrund von Leistungen oder Erfolgen zu erhöhen.

Solltest du nach Vertragsunterschrift von den neuen Kollegen erfahren, dass diese deutlich mehr verdienen bei vergleichbarer Leistung, stelle sicher, dass die neuen Informationen korrekt sind und bleibe bei evtl. Nachverhandlung des Gehalts höflich und professionell. Möglicherweise hast du dich „unter Wert verkauft“, aber berücksichtige immer auch die Bedürfnisse des Arbeitgebers.

Checkliste für Gehaltsverhandlungen

Folgende Tipps dienen dir als Orientierung für die Vorbereitungen auf die Gehaltsverhandlung. Arbeite die DOs and DON`Ts auf der Checkliste sorgfältig ab, dann bist du gut vorbereitet. Das heißt nicht, dass es automatisch perfekt laufen wird, aber wenn du dir im Klaren darüber bist, welche Kriterien du berücksichtigen musst, kannst du mit größerer Souveränität deine Position vertreten. Und dadurch hoffentlich auch erfolgreich ein Einstiegsgehalt verhandeln, mit dem du zufrieden bist.

  • Bestimme deinen „Marktwert“ durch eine sorgfältige Recherche
  • Nenne immer das Jahresgehalt
  • Habe deine drei festgelegten Zahlen der Gehaltsspanne parat
  • Sei die Person, die die erste Zahl nennt (vor allem, wenn du gefragt wirst)
  • Gehe mit deiner ersten Forderung immer ein wenig über dein Wunschgehalt hinaus, übertreibe es aber nicht
  • Vertritt deinen Gehaltswunsch sachlich und selbstbewusst, aber nicht überheblich
  • Stelle deinen Wert für das Unternehmen heraus
  • Wenn du Zugeständnisse machst, vereinbare eine Nachverhandlung nach der Probezeit 
  • Mache keine zu großen Zugeständnisse, wenn du mit einem deutlich zu niedrigen Gehalt einsteigst, wird es schwer, sich finanziell weiterzuentwickeln

Deine Gesprächspartner stehen ebenfalls unter Erfolgsdruck. Unternehmen müssen, meist in kürzester Zeit, den Kandidaten finden, der am besten auf die vakante Stelle passt. Und wenn du zum Gespräch eingeladen wurdest, kannst du schon mal nicht ganz unpassend für den infrage kommenden Job sein. 

Die größten Fehler bei Gehaltsverhandlungen

  • Nenne nie private Gründe für die Höhe deiner Gehaltsforderung, kein:e Recruiter:in interessiert sich für deine Miete oder deine Urlaubspläne
  • Vergleiche dich nicht mit Kolleg:innen – das nehmen dir alle Betroffenen übel 
  • Lass andere Unternehmen aus dem Spiel. Wenn du ein besseres Angebot hast, das du annehmen möchtest, mach es einfach und setze es nicht als Druckmittel ein.
  • Eine schlechte Vorbereitung lässt dich nicht gut aussehen
  • Tritt nicht unsicher auf, sei aber auch nicht unhöflich oder arrogant. Auch wenn das, was du kannst, vielleicht gerade begehrt ist, ist das nur eine Momentaufnahme.

Gute Vorbereitung zahlt sich im Gehaltsgespräch aus

Wenn du gut vorbereitet bist, stimmt deine innere Haltung. Sie gibt dir die Sicherheit, deine Überlegungen hinsichtlich deines Einstiegsgehalts fundiert darzulegen. Mit einer guten Begründung begegnest du deinem Gegenüber auf Augenhöhe und beziehst ihn mit ein. Außerdem führst du dem Unternehmen noch mal vor Augen, welche Kriterien dich für diese Stelle qualifizieren und als Kandidat hervorheben.

Unsicherheit aufgrund mangelnder Vorüberlegungen bringt dich unter Rechtfertigungsdruck. Dann machst du dich kleiner als du bist, indem du dich entschuldigen musst oder trotzig reagierst, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie sollen, weil dir schlicht die Argumente fehlen. Das wirkt unsouverän.

Am Ende einer Gehaltsverhandlung sollten beide das Gefühl haben, Gewinner zu sein. Denn nur, wenn man zufrieden mit seiner Verhandlung ist, wird sich das auch positiv auf den Start in den ersten Job nach deiner akademischen Ausbildung auswirken.

Zu hohe Gehaltsvorstellungen sind laut einer aktuellen Studie der zweithäufigste Grund für eine Absage einer Bewerbung.

Weiterführende Informationen zu Durchschnittsgehältern

Wenn du bislang keine Vorstellung von branchenüblichen Gehältern hast, findest du über diese Links Informationen zu Durchschnittsgehältern. Diese helfen dir bei der ersten Einordnung. Sie können aber die oben aufgeführten Aspekte, die dein Einstiegsgehalt beeinflussen, natürlich nicht berücksichtigen.

Wenn du noch immer unsicher bist und es genauer wissen möchtest, kannst du dir bei einigen dieser Seiten eine ausführliche Gehaltsanalyse erstellen lassen. Das geht schnell, ist aber in der Regel mit Kosten verbunden.

Birgit Klaus, Bewerbermarketing, IQB Career Services
Autorin
Birgit Klaus

Birgit Klaus ist Expertin für den Berufseinstieg. Seit 2015 ist sie selbständige Personalberaterin. Spezialisiert ist sie auf die Beratung von Studierenden am Beginn von Arbeitsleben und Karriere. Dabei gibt sie ihre Erfahrungen aus langjähriger Tätigkeit im Personal- und Hochschulmarketing im gesamten deutschsprachigen Raum weiter. Als Projektleiterin hat sie zudem zahlreiche Recruitingprozesse begleitet. Bei IQB Career Services führt Birgit Klaus die Workshops für Bewerberinnen und Bewerber durch und ist für das Marketing und die Kommunikation mit Kooperationspartnern verantwortlich.