
Jurastudium: Das Notensystem und die Notenskala
Während es im Abitur noch „five to survive“ hieß, spricht man im Jurastudium von „vier gewinnt“, denn dort gilt die Klausur mit 4 Punkten schon als bestanden. Wir schauen uns das Notensystem genauer an.

Die Notenskala und das Notensystem
In der Oberstufe des Gymnasiums werden Noten von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) durch Punkteanzahlen ersetzt. Zwischen 0 Punkte (entspricht Schulnote 6) und 15 Punkten (entspricht Schulnote 1+) kann man dort erreichen. Während es im Abitur noch „five to survive“ hieß, spricht man im Jurastudium von „Vier gewinnt“, denn dort gilt die Klausur mit 4 Punkten schon als bestanden. Schauen wir uns das Notensystem doch einmal genauer an und halten uns vor Augen, wie unterschiedlich die Systeme sind.
Im Jurastudium ist das Notensystem zwar ähnlich zu dem im Abitur, allerdings werden hier die Klausuren mit 0 – 18 Punkte bewertet.
Dabei sieht die Einzelbewertung einer Klausur wie folgt aus:
Sehr gut (16-18) | Eine besonders hervorragende Leistung |
Gut (13-15) | Eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung |
Vollbefriedigend (VB) (10-12) | Eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung |
Befriedigend (7-9) | Eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen entspricht |
Ausreichend (4-6) | Eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht |
Mangelhaft (1-3) | Eine an erheblich Mängeln leidende, im Ganzen nicht mehr brauchbare Leistung |
Ungenügend (0) | Eine völlig unbrauchbare Leistung |
Ist das System nicht schon kompliziert genug wird es bei der Einzelbewertungen mehrerer Prüfungen in eine Gesamtbewertung noch komplizierter. Hier wird mit zwei Dezimalzahlen nach dem Komma gerechnet und was fällt uns dabei auf?
Die Notensprünge sind nicht identisch zu dem System, das wir uns oben schon angeschaut haben. Während man oben noch 7 Punkte für ein Befriedigend benötigte, sind es hier nur noch 6,50 Punkte. Aufgerundet sind 6,50 Punkte eigentlich 7 Punkte, aber nichtsdestotrotz wird bei der Umrechnung von mehreren Einzelnoten zu einer Gesamtwertung doch letztendlich das ganze System verschoben.
Die Gesamtbewertung mehrere Klausuren im Examen:
Gesamtnote | Punkte |
Sehr gut | 14.00 – 18.00 |
Gut | 11.50 – 13.99 |
Vollbefriedigend (VB) | 9.00 – 11.49 |
Befriedigend | 6.50 – 8.99 |
Ausreichend | 4.00 – 6.49 |
Mangelhaft | 1.50 – 3.99 |
Ungenügend | 0 – 1.49 |
Der Vergleich mit dem Bachelor/Master-System
Ein Vergleich der Punktesysteme des Jurastudiums und eines Bachelor- oder Masterganges sind kaum möglich, zu unteschiedlich sind die Systematiken.
4,0 Punkte im Bachelor/Master-System sind nicht gleich auch 4 Punkte im Jurastudium. Denn eine 4,0 im Bachelor- oder Mastersystem bedeutet in der Jura-Notenskala entweder 4 Punkte oder 5 Punkte. Bei 4 Punkten wird es wohl kaum von Bedeutung sein, aber wie man sehen kann, deckt eine Note im Bachelor-Master-System gleich zwei Notensprünge im Jurasystem ab.
Jeder Studiengang hat nun mal sein eigenes System. Das ist soweit auch in Ordnung. Aber wie verhält es sich nun, wenn man versucht, das Juristische Ausbildungssystem an den Bachelor/Master anzupassen? In diesem Fall müsste das Notensystem geändert werden.
Das zeigt auch das Beispiel, dass 3,3 Punkte im Bachelor schon befriedigend sind, während es im Jurastudium nur ein Ausreichend bedeutet. Und Tatsächlich – Einige Jurastudent:innen studieren in Deutschland mittlerweile das Rechtswissenschaftsstudium im Bachelor/Examen-System (mich eingeschlossen).
Die Noten im Jurastudium und Staatsexamen werden nach einem tradierten, komplexen System verteilt. Ernüchternd für Abiturient:innen und rätselhaft für Studierende aus anderen Fachbereichen.
Konkret bedeutet das für mich, dass ich das Grundstudium im Bachelorsystem absolviere und dort dann auch eine Bachelorarbeit schreibe. Der Bachelorstudiengang ist damit beendet. Wer gleichzeitig im Staatsexamen eingeschrieben ist, macht dann mit dem Schwerpunktbereich, den Praktika und einigen weiteren Modulen weiter, bevor es auf das Examen zugeht.
Ich bekomme also meine Noten einerseits im Bachelorsystem und andererseits im Examensystem. Das sorgt für erhebliche Verwirrung und Probleme, denn die Noten im Bachelorsystem sind um einiges besser, als die im Examensystem. Das führt dazu, dass ich im 7. Semester also etwa 1 ½ Jahre vor dem Staatsexamen meine Noten kaum richtig einordnen kann.
Diese Art der Ausbildung wird dennoch immer beliebter. Denn hat man das Staatsexamen am Ende doch nicht geschafft, hat man immerhin einen Bachelorabschluss.
Wäre es da nicht sinnvoll das juristische Notensystem endlich an das Bachelor/Master-System anzupassen?

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Was bedeutet das Prädikatsexamen nun für Studierende?
Wir sehen anhand dieser Statistik, dass im Jahr 2019 nur etwa 0,3 Prozent das Examen mit sehr gut, also 16-18 Punkte abgeschlossen haben. Das sind nur 27 Studenten: innen von insgesamt 9.481 Angetretenen. (1)
Sehr gut | etwa 0,3 % (27 Kandidaten: innen) |
Gut | etwa 6,2 % (584 Kandidaten: innen) |
Vollbefriedigend | etwa 29,0 % (2.747 Kandidaten: innen) |
Befriedigend | etwa 47,2 % (4.475 Kandidaten: innen) |
Ausreichend | etwa 17,4 % (1.648 Kandidaten: innen) |
Nach wie vor gilt das Jurastudium als eines der schwersten Studienfächer überhaupt. Die Durchfallquoten in den Prüfungen sind sehr hoch. Allein für die beiden Staatsexamen fallen insgesamt 19 fünfstündige Klausuren an. 26,9 % der Prüflinge haben das Erste Staatsexamen nicht bestanden.
Allgemein gilt, hat man mindestens 9 von 18 Punkten erreicht, wird das Examen als sogenanntes Prädikatsexamen gewertet. Das sind die heiß ersehnten 9 Punkte, die einem alle Türen öffnen können. Schafft man in beiden Examina ein Prädikat, also ein Doppel-Prädikat, zählt man zu den Top-Juristen: innen.
Doch führen wir uns eins vor Augen: 9 von 18 Punkten sind nur die Hälfte der erreichbaren Punkte in der juristischen Prüfung und gelten eigentlich schon als eine überdurchschnittliche Leistung. Doch nur etwa 28% schaffen auch diesen Sprung. In dem Bereich ab 16 Punkten landet so gut wie kein:e Student:in mehr. Viele erfahren am eigenen Leib, diese Punkte gibt es nur in der Theorie. Realistisch sind eher die Durchschnittsnoten irgendwo zwischen 5 und 7 Punkten.
Immer wieder hören Jurastudierende von Studierenden aus anderen Studiengängen: Ich habe in meinem Bachelorabschluss mit einer 1,7 geschafft.
Man fühlt sich dann doch schon ziemlich blöd, wenn man seine eigenen Noten sieht und erkennt, dass man nicht mal die Hälfte der zu erreichenden Punkte schaffen kann. Ein:e Nicht-Jurist:in würde sagen: „Das kann ja nicht so schwer sein. Das sind doch nur die Hälfte der Punkte“. Genau das denken sich viele Studierende in den Ersten Semestern ebenfalls, vor allem wenn sie aus dem Abitur anderes gewohnt sind.
Schnell kommt Frust auf, denn gute Noten bleiben oftmals aus. Das System sorgt bei Studierenden schon lange für Unmut. Da kann es schon einmal dazu kommen, dass man den Kopf in den Sand steckt und sich fragt, wofür man das alles tut. Man lernt und lernt und trotzdem bleiben die Erfolge aus. Um nicht ganz im Frust unterzugehen, versucht man, die Note in das andere Punktesystem zu übersetzen und sich damit mit anderen Studiengängen zu vergleichen. Eine 3 im Jurastudium entspricht dann wohl eher eine 2 oder 1 im Bachelor. Auch wenn das in der Realität so nicht funktioniert, halten sich Student:innen so gedanklich über Wasser.
Aber nicht nur Frust ist eine Folge des Punktesystems, es führt auch dazu, dass viele Studentinnen und Studenten ihre Leistungen nicht richtig einschätzen können, da sie sich zu sehr von den Punkten unter einer Klausur leiten lassen – die einem aber im Grunde doch nur Fehlinformationen liefern. Das ist womöglich auch ein Grund dafür, warum in der Rechtswissenschaft 24% (2) das Studium abbrechen – eine überdurchschnittliche Abbruchquote.
Da stellt man sich doch die Frage, wieso gibt es dieses Punktesystem? Nun Ja – die Juristen:innen. Sie ändern Gewohntes nur sehr. Und doch sind sich die meisten einig: das 18 Punkte System sollte abgestuft werden. Und die Rufe nach einer Reform des Jurastudiums werden lauter.

Jasmin Kwiatkowski
Jasmin Kwiatkowski hat an der Universität Hamburg Rechtswissenschaften studiert, bevor sie an die Fernuniversität in Hagen wechselte. Im Anschluss an das Staatsexamen plant sie einen M.A. in Kriminalwissenschaft zu absolvieren.
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