Verwaltungsstation in Malaysia: juristische Tätigkeit in einem Land der kulturellen Vielfältigkeit

Verwaltungsstation bei der Auslandshandelskammer in Malaysia. Ein Erfahrungsbericht über die Arbeit in der Kammer mit vielen unbekannten Rechtsgebieten und Einblicken in fremde Kulturen.

Vielleicht ist Malaysia nicht unbedingt das erste Land, an das man denkt, wenn man eine Auslandsstation absolvieren möchte. Jedoch ist die ehemalige britische Kolonie eine sehr interessante Mischung aus verschiedenen Kulturen, die im 21. Jahrhundert ein Vorzeigestaat in Südostasien ist. Als ASEAN-Staat ist Malaysia für deutsche Unternehmen sehr attraktiv und die Arbeit bei der Auslandshandelskammer bietet eine einzigartige Möglichkeit, auf dem asiatischen Markt Fuß zu fassen und Erfahrung zu sammeln sowie neue Geschäftskontakte zu knüpfen.

Meine Erfahrung bei der Kammer war großartig. Denn ich durfte nach einer kurzen Einarbeitungsphase bereits sehr viel Verantwortung übernehmen und konnte so meine Kollegen unterstützen.

Zugleich bietet Malaysia eine sehr interessante kulturelle und ethnische Mischung, denn die Bevölkerung besteht zu ca. 60 % aus Malaien, ca. 29 % Chinesen, ca. 9 % Indern und ca. 2 % sonstigen Bevölkerungsgruppen. Auch die Religionen in Malaysia sind vielfältig. Das Land ist überwiegend muslimisch, aber es gibt auch große Minderheiten von Christen, Buddhisten, Hindus etc. und alle leben friedlich miteinander. Diese kulturelle und soziale Mischung trägt dazu bei, dass eine Auslandsstation in Malaysia besonders spannend sein kann.

Bewerbungsverfahren

Das Bewerbungsverfahren war unkompliziert. Wenige Tage, nachdem ich meine Bewerbung geschickt hatte, bekam ich bereits eine Stelle angeboten. Die Bewerbung muss man in englischer Sprache verfassen und direkt an die Auslandshandelskammer in Malaysia schicken, da es kein zentrales Bewerbungsverfahren gibt. Die Stellen werden nach Bedarf und Qualifikationen des Bewerbers vergeben. Insbesondere muss man der englischen Sprache mächtig sein, da in Malaysia Englisch eine der Amtssprachen ist und ein Großteil der Arbeit sowie die Kommunikation mit den einheimischen Mitarbeitern der Kammer auf Englisch stattfindet.

Vorbereitung, Visum und Finanzierung

Man braucht für Malaysia einen so genannten Special Visit Pass, damit man bei der Kammer arbeiten darf. Die Mitarbeiter der Kammer kümmern sich darum und soweit man die erforderlichen Unterlagen einreicht, bekommt man das Visum problemlos. Da die Visabearbeitung drei bis vier Monate in Anspruch nimmt, muss der Antrag allerdings spätestens 6 Monate vor Beginn der Station gestellt werden.

Die Finanzierung muss man selbst organisieren. Ich bekam in meinem Bundesland weder einen Reisekostenzuschuss noch eine Zusatzvergütung. Die Lebenshaltungskosten in Malaysia sind allerdings deutlich günstiger als in Deutschland. Man kann ein möbliertes WG-Zimmer im Zentrum der Stadt für 250-350 EUR pro Monat mieten. Dafür sind in der Miete dann aber auch z.B. ein Swimmingpool und und ein Fitnessstudio im Gebäude sowie Wachleute an allen Eingängen enthalten.

Auch für Essen muss man nicht viel Geld ausgeben, selbst wenn man in Restaurants isst. Insgesamt dürfte das Referendargehalt völlig ausreichend sein. Auch wenn man viel reist, ist dies in der Regel nicht mit großen Ausgaben verbunden, da die Nachbarländer – mit Ausnahme von Singapur – einen vergleichbaren Lebensstandard haben und die Flugpreise (insb. mit AirAsia) ziemlich günstig sind.

Eine weitere Vorbereitung dürfte nicht erforderlich sein. Man sollte sich vorher nur ärztlich beraten lassen, ob man bestimmte Impfungen braucht. Es gibt aber für Malaysia nach meinem Kenntnisstand grundsätzlich keine speziellen Impfungen, die man unbedingt braucht. Die medizinische Versorgung in dem Land ist auf einem sehr hohen Niveau und man sollte sich darüber keine Sorgen machen.

Anreise und erste Erfahrungen

Die Anreise nach Malaysia ist – zum jetzigen Zeitpunkt – nur mit einem Umstieg möglich, da es keine direkten Flüge von Deutschland nach Kuala Lumpur gibt. Man kann über Singapur, China, Dubai oder Amsterdam fliegen und die Flugkosten sind in der Spanne zwischen 500-650 EUR (hin- und zurück), wenn man ein paar Monate im Voraus bucht.

Meine erste Erfahrung im Land war, dass es sehr heiß und feucht ist. Man benötigt unbedingt Sonnen- und Regenschutz, da sich Malaysia in den Tropen befindet und es nachmittags in der Regel zwischen 14 und 18 Uhr regnet. Das Wetter bleibt aber trotzdem warm und die Luftfeuchtigkeit ist in den ersten Tagen etwas unangenehm, bis der Körper sich gewöhnt hat. Es ist wichtig viel zu trinken, um nicht zu dehydrieren, allerdings muss man auf Leitungswasser verzichten.

Die Arbeit in der Kammer – viele unbekannten Rechtsgebiete und Übernahme von Verantwortung

Meine Erfahrung bei der Kammer war großartig. Denn ich durfte nach einer kurzen Einarbeitungsphase bereits sehr viel Verantwortung übernehmen und konnte so meine Kollegen unterstützen. Ich war – neben dem Geschäftsführer der Kammer –  der einzige Jurist im Team und musste meine juristischen Kenntnisse in einer angemessenen Form präsentieren.

Während meiner Zeit waren die Datenschutzgrundverordnung sowie sonstige datenschutzrechtliche Fragen bei der Handelskammer ein großes und spannendes Thema. Ich hatte gar keine Erfahrung auf dem Gebiet des Datenschutzrechts, aber ich wurde nicht alleine gelassen, sondern konnte mich mit meiner Teamleiterin sowie mit dem Geschäftsführer der Kammer austauschen, damit wir bestimmte Datenschutz- und Telemedienrichtlinien für die Mitarbeiter der Kammer entwickeln konnten.

Zugleich habe ich mich mit vielen Fragen des deutschen und malaysischen Arbeits- und Vertragsrechts befasst, da manche Mitarbeiter der Kammer oder Mitarbeiter der Kunden der Kammer entweder nach dem deutschen oder nach dem malaysischem Recht angestellt sind und sich daraus Unterschiede bei bestimmten rechtlichen Fragen ergeben. Schließlich bearbeitet die Kammer auch viele Angelegenheiten im Immigrations- sowie Investitionsrecht für ausländische Unternehmen, so dass ich auch in Kontakt zu vielen malaysischen Behörden stand (keine Angst, alle Beamten in den Behörden sprechen Englisch).

Insgesamt fand ich die Arbeit sehr interessant und abwechslungsreich und die Kollegen in der Kammer waren sehr nett und hilfsbereit, wenn es um die Erklärung der Kultur, Gepflogenheiten oder Arbeit in Malaysia ging. Ich war am Ende der Station traurig, dass es vorbei war, weil ich mich mit einigen Mitarbeitern sehr gut verstanden habe und wir immer noch in Kontakt sind.

Freizeit: Wochenende auf Bali oder doch „nur“ Thailand

Malaysia liegt in der Mitte von Südostasien und es ist wunderbar positioniert, wenn man die Region bereisen möchte. Ich hatte die Möglichkeit, jedes Wochenende eine andere Stadt oder anderes Land zu besuchen, da die Flüge – auch bei einer kurzfristigen Buchung – sehr günstig waren. So konnte ich am Freitag nach der Arbeit schnell zum Flughafen fahren und schnell ist man auf Bali oder in Bangkok. Außerdem hat man die Möglichkeit, in Malaysia selbst sehr schöne Orte, wie z.B. die Perhentian Inseln, Georgetown oder Kuching zu besuchen.

Am Ende meiner Station habe ich meinen verbliebenen Urlaub genommen und bin zusammen mit meiner Freundin zwei Wochen durch Malaysia, Thailand und Singapur gereist. Die Kammer war so nett und hat mir neben dem regulären Ref-Urlaub zusätzliche Urlaubstage genehmigt.

Aber auch in Kuala Lumpur selbst hat man unter der Woche so viele Möglichkeiten, die Freizeit gut zu gestalten. So hatte ich in dem Gebäude, wo ich mein Zimmer gemietet hatte, ein Swimmingpool, den man bis 21:00 Uhr benutzen durfte. Da das Wetter in Malaysia durch das ganze Jahr warm ist, konnte ich nach der Arbeit erstmal 1-2 Stunden am Pool verbringen, bevor ich mich abends mit Freunden auf ein Bierchen getroffen habe.

Das Essen in Malaysia – vielfältig und sehr lecker

Auch die malaysische Küche ist besonders vielfältig und sehr lecker. Man kann natürlich auch Westliches essen, aber wenn man in Malaysia ist, sollte man unbedingt die indische, chinesische und malaysische Küche ausprobieren. Da in Malaysia viele Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund zusammenleben, kann man immer etwas Neues probieren – sei es Nasi Goreng (Hänchen mit Reis und typische malaysische scharfe Soße), Kadai chicken mit Naan (Hähnchen mit typischer indischer Soße und Brot) oder Chai tow kway (chinesisches Reisgericht). Insgesamt hat man den Vorteil, dass in Malaysia drei ethnische Gruppen zusammen leben und kochen und somit eine einzigartige asiatische Küche entstanden ist.

Fazit

Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich nochmal meine Verwaltungsstation bei der Auslandshandelskammer in Malaysia absolvieren. Denn die Arbeit in der Kammer war besonders lehrreich und die Kollegen waren sehr freundlich, offen und nett zu mir. Neben der Arbeit in der Kammer konnte ich wunderbar meine Freizeit gestalten und viele weitere Länder in der südasiatischen Region (u.a. Singapur, Thailand, Indonesien, Vietnam, die Philippinen und Westaustralien) besuchen, die leicht erreichbar sind.

Dieser Artikel erschien zuerst im mylawguide 2020, dem Karrierehandbuch für Juristinnen und Juristen.

Miroslav Georgiev, Rechtsanwalt, Autor mylawguide, IQB Career Services
Autor
Miroslav Georgiev

Miroslav Georgiev ist Rechtsanwalt bei GÖRG. Er berät national und international tätige Unternehmen im Bereich Kartellrecht. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Kartellrecht, Kartellschadensersatzklagen, Compliance und Außenwirtschaftsrecht.

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