Schadensbegriff & Schadensersatz – Erläuterungen und Berechnung
Was fällt alles unter den Begriff des „Schadens“? Wie stellt man einen konkreten Schaden fest? Wie berechnet man Schadensersatz? Und welche Formen kann dieser annehmen?
Was fällt unter den Schadensbegriff?
Laut der allgemeinen juristischen Definition ist ein Schaden eine unfreiwillige Einbuße an rechtlich geschützten Interessen. Dies lässt sich jedoch noch weiter differenzieren:
Wenn der Geschädigte eine in Geld messbare Einbuße erleidet, spricht man von einem Vermögensschaden oder auch einem materiellen Schaden. Wenn Leben, Körper, Gesundheit oder Freiheit einer Person geschädigt werden, werden diese Verletzungen und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten als Nichtvermögensschaden oder als immaterieller Schaden bezeichnet.
Außerdem wird unterschieden, ob ein Schaden unmittelbar durch die Verletzungshandlung herbeigeführt wird oder ob er erst als weitere Folge eintritt. Bei ersterem handelt es sich um einen Verletzungsschaden. Ein Beispiel hierfür wäre der bei einem Unfall erlittene Armbruch. Tritt ein Schaden als Folge ein, wie zum Beispiel die Kosten einer Behandlung des Bruchs, ist dies ein Folgeschaden.
Da Ansprüche auf Schadensersatz in Zivilrechtsklausuren häufig abgeprüft werden, sollten Studenten sich in diesem Themenbereich auskennen.
Wie wird ein Schaden festgestellt?
Differenzhypothese, realer Zustand und hypothetischer Zustand
Darüber, wie ein Schaden genau festgestellt wird, herrscht Uneinigkeit. Überwiegend wird jedoch zur grundlegenden Ermittlung eines Vermögensschadens zunächst die Differenzhypothese angewandt. Hierbei wird die Vermögenslage nach einem schädigenden Ereignis mit dem hypothetischen Zustand des Vermögens, der ohne Eintritt des schädigenden Ereignisses bestanden hätte, verglichen.
Die Differenz zwischen dem realen Zustand und dem hypothetischen Zustand ergibt dann den zu ersetzenden Schaden. Um den unverhältnismäßigen Aufwand der Berechnung des gesamten Vermögens eines Geschädigten zu umgehen, wird die Differenzhypothese jedoch praktisch regelmäßig auf den Wert des konkreten Schadenpostens (zum Beispiel den Wert eines verlorenen Schmuckstücks) bezogen.
In einigen Fällen zeigt sich allerdings, dass die Differenzhypothese allein nicht immer zu einem gerechten Ergebnis führt. Werden etwa die Kosten einer durch einen anderen verursachten Körperverletzung von der Krankenkasse des Geschädigten übernommen oder bezahlen Dritte freiwillig die Reparatur eines Gegenstands, um dem Geschädigten zu helfen, unterscheidet sich dessen Vermögenslage vor und nach dem schädigenden Ereignis nicht. Nach der Differenzhypothese bestände somit kein Vermögensschaden.
Vorteilsausgleichung
Außerdem können sich für den Geschädigten aus dem Schadensereignis auch wirtschaftliche Vorteile ergeben, die bei einer Schadensberechnung mit der Differenzhypothese nicht direkt einbezogen werden. Solche muss sich der Geschädigte jedoch im Rahmen der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen.
Dies gilt grundsätzlich auch, wenn er als Ausgleich für eine beschädigte gebrauchte Sache eine brandneue erhält. Da dem Geschädigten eine „aufgezwungene“ Werterhöhung aber keinesfalls immer willkommen sein muss, ist hierbei stets zu erörtern, ob ihm eine Ausgleichungspflicht zugemutet werden kann.
Geht eine Bereicherung durch das schädigende Ereignis so weit, dass der Geschädigte durch den Schadensfall besser dasteht, als ohne ihn, wird die Höhe des Schadensersatzanspruchs durch das Bereicherungsverbot begrenzt. Dieses soll verhindern, dass der Geschädigte durch das Schadensereignis einen über den Ausgleich der Vermögenslagen herausgehenden Gewinn abschöpft.
Was bedeutet Normativer Schadensbegriff?
Es zeigt sich also, dass ein auf der Differenzhypothese beruhender Schadensbegriff, um in verschiedensten Fällen zu angemessenen Ergebnissen zu führen, einer Ergänzung bedarf. Diese kann durch den normativen Schadensbegriff vorgenommen werden, welcher besagt, dass, auch wenn rein rechnerisch einmal kein Vermögensnachteil festgestellt werden kann, ein Schaden angesichts einer wertenden Betrachtung bejaht werden kann.
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§§ 249 ff. BGB – Welche Formen kann Schadensersatz annehmen und wie berechnet man ihn?
Naturalrestitution und Geldersatz
In welcher Form ein Schaden zu ersetzen ist, entscheidet sich nach §§ 249 ff. BGB.
Zunächst wird immer Naturalrestitution geschuldet, das heißt, es ist der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 I). Dies kann zum Beispiel durch Reparatur einer beschädigten Sache oder bei einer zerstörten oder verlorenen Sache durch Lieferung einer gleichwertigen erreicht werden.
Eine mögliche Naturalrestitution kann der Schädiger nur im Fall eines sogenannten wirtschaftlichen Totalschadens, also wenn die Wiederherstellung nur unter unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist, verweigern (§ 251 II). Die Aufwendungen gelten als unverhältnismäßig, wenn sie den Wert des beeinträchtigten Rechtsguts unzumutbar übersteigen. In diesem Fall kann der Schädiger Geldersatz leisten.
Geldersatz kann der Geschädigte ansonsten fordern, wenn Schadensersatz wegen der Verletzung einer Person oder der Beschädigung einer Sache zu leisten ist (§ 249 II), die dem Ersatzpflichtigen zur Naturalrestitution gesetzte Frist ergebnislos verstrichen ist (§ 250), eine Naturalrestitution unmöglich ist oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügt (§ 251 I). Oder wenn sich bei Verlust einer vertretbaren Sache der Geschädigte selbst Ersatz beschafft (BGH NJW 2008, 2430: „Faust“).
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Wie wird Geldersatz berechnet?
Die Werte: Gemeiner Wert, Gefühlswert, Liebhaberwert, Affektionswert
Bei der Berechnung von Geldersatz kann stets der gemeine Wert (Wert, den der Gegenstand objektiv, also für jedermann, hat) zugrunde gelegt werden. Zu beachten ist aber auch der subjektive Wert (den gemeinen Wert übersteigender Wert, den der Gegenstand nur für den Geschädigten hat), nicht hingegen der reine Gefühls-, Liebhaber- oder Affektionswert.
Erfasst werden muss auch der entgangene Gewinn (§ 252 S. 1), also Vermögensvorteile, die der Geschädigte ohne Eintritt des Schadensereignisses gehabt hätte. Ebenso muss eine Mitwirkung des Geschädigten oder seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen an der Verursachung des Schadens berücksichtigt werden (§ 254).
Man könnte im Rahmen des Schadens und seines Ersatzes sicherlich noch um einiges weiter in die Tiefe gehen. Im Rahmen dieses Artikels sollen die vorangegangenen Erläuterungen jedoch genügen, um ein grundsätzliches Verständnis der Thematik und einen Überblick über diese zu schaffen.
Tabea Nalik studierte Jura an der Georg-August-Universität Göttingen mit Schwerpunkt im öffentlichen Recht. Während des Studiums arbeitete sie als studentische Hilfskraft am Institut für allgemeine Staatslehre und politische Wissenschaften der Uni Göttingen und absolvierte Praktika im deutschen Generalkonsulat in Atlanta und am Landgericht Göttingen. Im Anschluss an das erste Staatsexamen begann sie mit einer Promotion im Bereich der Demokratietheorie und des öffentlichen Rechts und arbeitet am Lehrstuhl für Staatstheorie und Öffentliches Recht, insbesondere Staats- und Europarecht an der BSP Business & Law School Berlin.
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