Peter Frank als neuer Richter ans BVerfG gewählt – das Wahlverfahren im Überblick

Peter Frank löst Peter Müller als Richter am Bundesverfassungsgericht ab. Dr. Michael Hördt erklärt das Wahlverfahren, die Qualifikationen für Kandidaten und die politischen Aspekte der Wahl.

Peter Frank am Bundesverfassungsgericht: Einblicke in Wahlverfahren und Qualifikationen

Peter Müllers Amtszeit als Richter am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wird in Kürze enden. Bereits am 24. November 2023 wählte der Bundesrat den – nunmehr ehemaligen – Generalbundesanwalt am Bundesgerichtshof Peter Frank als seinen Nachfolger an das Bundesverfassungsgericht. Doch wie läuft eine solche Wahl ab? Wer kann überhaupt an das BVerfG gewählt werden? Und wieso ist die Wahl auch von politischen Absprachen geprägt?

Fragen, die auch in einer mündlichen Prüfung vorkommen können – sicher nicht nur im Jurastudium, sondern unter auch im Politikstudium.

Wer kann gewählt werden?

Qualifikationen für Richter am Bundesverfassungsgericht

Die erste Frage, die sich im Auswahlprozess für das Richteramt am BVerfG stellt, ist natürlich, wer dazu befähigt ist? Die Antwort findet sich in § 3 BVerfGG:

(1) Die Richter müssen das 40. Lebensjahr vollendet haben, zum Bundestag wählbar sein und sich schriftlich bereit erklärt haben, Mitglied des Bundesverfassungsgerichts zu werden. (2) Sie müssen die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen.

Während das Mindestalter selbsterklärend ist, zeigt die Wählbarkeit zum Deutschen Bundestag auf (siehe hierzu: § 12 BWahlG), dass die deutsche Staatsbürgerschaft eine Voraussetzung ist und kein Ausschluss des Wahlrechts besteht (vgl. hierzu: § 13 BWahlG). Das Kriterium der „Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz“ bietet auch eine kleine mögliche Falle in der Prüfung.

Die grundsätzliche Regelung findet sich in § 5 DRiG. Das erste juristische Staatsexamen würde demnach nicht ausreichen, um überhaupt in die Auswahl kommen zu können. Aber Achtung: Eine Ausnahme besteht und zeigt, dass man immer das Gesetz als Ganzes lesen sollte (die alte Grundweisheit, man sollte zwei Normen zuvor und zwei Normen danach immer auch lesen). § 7 DRiG lautet:

Jeder ordentliche Professor der Rechte an einer Universität im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist zum Richteramt befähigt.

Richterliche Erfahrung für das Bundesverfassungsgericht: Notwendigkeit oder Option?

Zwei juristische Staatsexamen sind tatsächlich keine Voraussetzung für eine Professur, auch wenn es in der Realität üblich ist. Eine weitere denkbare Frage wäre, ob vorab richterliche Erfahrung bestehen muss. Ein Blick ins Gesetz hilft auch hier weiter, § 2 III BVerfG:

Drei Richter jedes Senats werden aus der Zahl der Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes gewählt. Gewählt werden sollen nur Richter, die wenigstens drei Jahre an einem obersten Gerichtshof des Bundes tätig gewesen sind.

Dies bedeutet, fünf Mitglieder des Senats benötigen keine richterliche Erfahrung, drei benötigen jedoch Erfahrung an obersten Gerichtshöfen des Bundes. Für eine Prüfung bietet sich hierbei als Einstieg ein Blick in die Biografien von Peter Müller und Peter Frank (die muss zugänglich sein, denn niemand kann erwarten, dass man sie kennt). Peter Müller war Richter am Amts- und Landgericht, Peter Frank am Landgericht München. Eine gewiefte Prüfungskommission kann natürlich fragen, ob dies ausreicht, um gewählt zu werden und wo man dazu etwas im Gesetz finden könnte. Und hier zeigt es sich dann, wer mit dem Gesetz umgehen kann. Niemand erwartet, dass man die Normen auswendig kann.

Wer wählt?

Bundestag und Bundesrat in der Wahl des Bundesverfassungsgerichts

Die Richter jedes Senats werden je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt (§ 5 I S.1 BverfGG).

Insgesamt hat das Bundesverfassungsgericht aktuell 2 Senate mit jeweils 8 Mitgliedern. Die Amtszeit von Peter Müller endete 2023, da die maximale Amtszeit 12 Jahre beträgt und eine Wiederwahl ausgeschlossen ist (Schutzgedanke; niemand soll aufgrund des Wunsches der Wiederwahl Recht zugunsten einer Bundestags- oder Bundesratsmehrheit sprechen).

Für Peter Müllers Nachfolger Peter Frank bedeutet dies also ein Ende der Amtszeit im Jahr 2035. Bundesrat und Bundestag wählen dabei immer den Ersatz für das Mitglied, das zuvor vom jeweiligen Gremium gewählt wurde. Bei vorzeitigem Ausscheiden eines Senatsmitglieds kann es daher auch z. B. zweimal hintereinander zur Wahl durch den Bundestag kommen.

Übrigens: Bis Mitte 2015 erfolgte im Bundestag die Wahl durch den Wahlausschuss. Das BVerfG sah dies zwar als verfassungskonform an (Beschluss v. 19. Juni 2012- 2 BvC 2/10), aber bei der Gesetzesreform wurde bestimmt, dass der Wahlausschuss dem Plenum des Bundestages nur einen Vorschlag unterbreitet und die Wahl schlussendlich im Plenum erfolgt.

Das politische Element: welche Mehrheiten werden benötigt?

Einstimmige Wahl von Peter Frank zum Richter am BVerfG

Sowohl im Bundestag, als auch im Bundesrat werden 2⁄3 der Stimmen zur Wahl benötigt. Achtung: Es wird im Bundesrat nicht nach Bundesländern abgestimmt, sondern die einzelnen Mitglieder haben das Stimmrecht. Dies ist eine Besonderheit, die in § 7 BVerfGG sich wiederfindet. Peter Frank vereinigte bei seiner Wahl zum Richter am Bundesverfassungsgericht alle Stimmen der Mitglieder des Bundesrates (69 Stimmen) auf sich. Vorgeschlagen wurde er von CDU und CSU.

Im nächsten Moment mag man sich aber fragen: „Moment mal, auch wenn Peter Frank ohne Zweifel für das Amt hervorragend qualifiziert ist, wie hat er es geschafft, 100 % der Stimmen auf sich zu vereinigen? Im Bundesrat sitzen doch auch Mitglieder anderer Parteien, die wahrscheinlich auch andere Vorschläge gehabt haben mögen?

Politische Absprachen und ihre Rolle bei der Wahl zum Bundesverfassungsgericht

An dieser Stelle kommt das politische Element ins Spiel. Eine 2⁄3 Mehrheit zu organisieren, ist schwierig. In der Regel werden Wahlergebnisse dies für eine Partei oder Koalition nicht hergeben; im Bundesrat mögen die politischen Verhältnisse noch versprengter sein. Daher besteht eine politische Absprache der Parteien.

Hatten früher SPD und CDU/CSU in einer politischen Absprache das Vorschlagsrecht unter sich weitestgehend im Wechsel ausgemacht, so sieht die politische Landschaft seit 2018 den Schlüssel 3-3-1-1 vor (bezogen immer auf einen Senat). Für drei Posten haben jeweils SPD und CDU/CSU das Vorschlagsrecht, FDP und Bündnis 90/ Die Grünen für jeweils einen Posten. Da sich die Parteien an diese Absprache gebunden fühlen, kommt es zu klaren Mehrheiten und nicht etwa politischen Kampfabstimmungen.

Mit dieser Praxis ist man bisher gut gefahren und das Bundesverfassungsgericht kann daher auch auf eine weite Akzeptanz blicken – gerade weil ein überparteilicher Konsens besteht und bei der Wahl die Kompetenz und nicht die Parteizugehörigkeit im Mittelpunkt steht. Es sei aber darauf hingewiesen: Die Absprache ist nicht bindend. D. h. die Abgeordneten des Bundestages bzw. Mitglieder des Bundesrates sind in ihrer Wahlentscheidung immer noch frei.

Abschließende Gedanken

Für eine Prüfung bestehen bei diesem Thema viele Möglichkeiten. So kann ein „wilder Ritt“ durch das Verfassungsrecht erfolgen, mit Fragen zu Wahlen, richterlicher Unabhängigkeit oder politischen Absprachen. Hierbei kommt es nicht darauf an, die Normen auswendig zu wissen, sondern der Prüfungskommission zu zeigen, dass man sich im Gesetz zurechtfinden kann und die Systematik im Verfassungsrecht versteht. Diese Fähigkeiten sind es , die am Ende des Studiums vorliegen sollen und zu guten Punktzahlen führen, nicht auswendig gelerntes Wissen.

Dr. Michael Hoerdt
Autor
Dr. Michael Hördt

Dr. Michael Hördt, M.C.L. (Mannheim/ Adelaide) studierte Jura an der Universität Heidelberg mit Praktika in Zürich und Dublin. Danach erwarb er den Master of Comparative Law der Universität Mannheim und der University of Adelaide und promovierte zum Thema „Pflichtteilsrecht und EuErbVO“ an der Universität Potsdam. Sein Referendariat absolvierte er am LG Darmstadt mit Stationen in Dublin und Washington, D.C. Er war Rechtsanwalt in einer mittelständischen Kanzlei in Frankfurt a.M. im Arbeitsrecht und für das Irlandgeschäft der Kanzlei zuständig. Aktuell ist er Syndikusrechtsanwalt bei Infosys Limited im Arbeitsrecht in Frankfurt a.M.