§ 812 BGB Herausgabeanspruch – Gesetz, Erläuterung, Prüfungsschema – BGB einfach erklärt
§ 812 BGB Herausgabeanspruch: Alles, was Sie wissen müssen. Wann entsteht ein Herausgabeanspruch? Gesetz, Erläuterung, Schema.
§ 812 BGB – Herausgabeanspruch (ungerechtfertigte Bereicherung)
Gesetzestext
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.
(2) Als rechtlicher Grund gilt insbesondere nicht der Nichteintritt des mit einer Leistung bezweckten Erfolges.
§ 812 BGB – Erklärung
§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB regelt die Rückabwicklung ungerechtfertigter Vermögensverschiebungen. Ein Herausgabeanspruch entsteht immer dann, wenn eine natürliche oder juristische Person durch Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise etwas erlangt hat, ohne dass dafür ein Rechtsgrund vorliegt. Der Herausgabeanspruch dient dazu, eine dauerhafte rechtswidrige Bereicherung zu verhindern. Beispiele für „ohne rechtlichen Grund“ sind Zahlungen aufgrund eines Irrtums oder einer fehlerhaften Überweisung. Absatz 2 stellt klar, dass der Zweck einer Leistung als „rechtlicher Grund“ entfällt, wenn der bezweckte Erfolg (z. B. ein Kaufabschluss) ausbleibt.
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§ 812 BGB – Beispiel
Sarah überweist versehentlich 500 € an Lea. Da kein vertraglicher oder sonstiger rechtlicher Grund für diese Zahlung besteht, kann Sarah die Rückzahlung der 500 € verlangen. Lea hat sich ohne rechtlichen Grund bereichert, da Sarah durch einen Irrtum die Überweisung getätigt hat. Sarah kann daher den Betrag gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückverlangen.
§ 812 BGB – Konkreter Fall
Fall: Rückforderung von Zahlungen aufgrund unwirksamer Gaspreisanpassungen (BGH Urt. v. 23.01.2013 –VIII ZR 79/12)
Sachverhalt
Ein Energieversorger erhöhte die Gaspreise gegenüber seinen Kunden, ohne dass eine vertragliche Grundlage für diese Preisanpassungen bestand. Ein Kunde zahlte die erhöhten Beträge zunächst, klagte jedoch später auf Rückzahlung mit der Begründung, die Preiserhöhungen seien unwirksam gewesen.
Entscheidung des BGH
Der BGH entschied, dass der Kunde einen Anspruch auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Beträge aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB hat. Da die Preiserhöhungen ohne vertragliche Grundlage erfolgt waren, fehlte der rechtliche Grund für die geleisteten Zahlungen. Der Energieversorger musste daher die zu viel erhaltenen Beträge an den Kunden zurückzahlen.
Dieses Urteil verdeutlicht, dass Zahlungen, die ohne rechtlichen Grund geleistet wurden, gemäß § 812 Abs. 1 BGB zurückgefordert werden können.
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§ 812 BGB – Prüfungsschema
- Erlangung eines Vorteils
Der Bereicherungsschuldner muss einen Vermögensvorteil erlangt haben. Dies umfasst nicht nur das Eigentum oder den Besitz an Sachen, sondern auch andere vermögenswerte Vorteile wie Geld, Forderungen, Rechte oder die Nutzung einer Sache (z. B. Gebrauchsvorteile). Auch immaterielle Werte wie Dienstleistungen oder Arbeitsleistungen können Gegenstand der Bereicherung sein. Entscheidend ist, dass das Vermögen des Schuldners in irgendeiner Weise vermehrt oder ein Nachteil (z. B. Verbindlichkeit) aufgehoben wurde. - Durch Leistung oder auf sonstige Weise
Der Vermögensvorteil muss durch eine Leistung des Anspruchstellers oder auf sonstige Weise erlangt worden sein. Eine Leistung liegt vor, wenn die Bereicherung bewusst und zweckgerichtet zur Erfüllung einer vermeintlichen Verpflichtung erfolgt ist (z. B. Zahlung aufgrund eines nichtigen Vertrages). Der Vermögensvorteil kann aber auch ohne Leistung des Anspruchstellers erlangt werden, etwa durch Eingriff in fremdes Vermögen (z. B. unberechtigte Nutzung von Eigentum) oder durch Zufall (z. B. irrtümliche Überweisung). - Ohne rechtlichen Grund
Der Bereicherungsvorteil ist nur dann ungerechtfertigt, wenn ihm kein rechtlicher Grund zugrunde liegt. Ein rechtlicher Grund fehlt, wenn die Vermögensverschiebung auf einem unwirksamen oder nichtigen Vertrag beruht (§§ 134, 138 BGB) oder wenn eine ursprünglich bestehende Grundlage, wie z.B. ein Vertrag, nachträglich entfällt (z. B. durch Anfechtung, Rücktritt oder Widerruf). Hierbei wird geprüft, ob der Bereicherungsschuldner einen rechtlichen Anspruch auf das Erlangte hatte. - Rechtsfolgen: Herausgabe oder Wertersatz (§ 818 BGB)
Ist die Bereicherung ungerechtfertigt, ist der Schuldner gemäß § 818 Abs. 1 BGB zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. Kann die Sache nicht mehr herausgegeben werden (z. B. weil sie zerstört wurde), tritt gemäß § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz ein. Die Haftung des Bereicherungsschuldners ist allerdings eingeschränkt: Nach § 818 Abs. 3 BGB entfällt die Haftung, wenn der Schuldner nicht mehr bereichert ist (sogenannte Entreicherung). Bei Bösgläubigkeit oder Verzug gelten jedoch verschärfte Haftungsregeln (§ 818 Abs. 4 BGB).
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