Das Baker McKenzie 'Stipendium für mehr Chancengleichheit' – Interview mit HR, Mentorin & Stipendiatin

Das „Stipendium für mehr Chancengleichheit“ von Baker McKenzie soll eine fairere Bildungslandschaft im juristischen Bereich fördern. Wir sprachen mit der Director HR, einer Mentorin und einer Stipendiatin.

Einblick in das ‚Stipendium für mehr Chancengleichheit‘: Gespräche mit Beteiligten über Ziele und Umsetzung

Im Herbst 2022 hat Baker McKenzie Deutschland das „Stipendium für mehr Chancengleichheit“ initiiert, um eine fairere Bildungslandschaft und einen gerechteren Arbeitsmarkt im juristischen Bereich zu fördern.

Das Stipendienprogramm fokussiert sich speziell auf Jurastudierende, die aufgrund von finanziellen, kulturellen oder familiären Hürden Schwierigkeiten beim Zugang zu juristischer Bildung erleben. Zurzeit werden 20 Stipendiatinnen und Stipendiaten jeweils für ein Jahr im Zuge unterschiedlicher Aktionen persönlich und fachlich gefördert.

Wir sprachen mit Claudia Trillig (Director HR), Dr. Annette Keilmann (Mentorin) und Sarmila Shanmugarajah (Stipendiatin) über Idee, Durchführung und erste Auswirkungen.

Fragen an Claudia Trillig

Was hat Baker McKenzie dazu veranlasst, das Stipendienprogramm für Chancengleichheit zu initiieren?

Baker McKenzie liegt das Thema Social Mobility sehr am Herzen. Daher engagieren wir uns bereits seit langem gemeinsam mit unserem Inclusion, Diversity & Equity (ID&E) Committee extern und intern in ganz unterschiedlichen Projekten. Jede und jeder sollte die eigenen Ziele realisieren können, und zwar unabhängig z.B. von Herkunft, finanziellen Möglichkeiten und Geburtsort. Äußere Faktoren dürfen sich nicht negativ auf Bildung auswirken.

Das „Stipendium für mehr Chancengleichheit“, das wir im Herbst 2022 ins Leben riefen, hat das Ziel, mehr Bildungsgerechtigkeit, Chancengleichheit und -gerechtigkeit auf dem juristischen Arbeitsmarkt zu schaffen. Es richtet sich gezielt an Jurastudierende, die wegen kultureller, finanzieller oder familiärer Gründe einen erschwerten Zugang zum Juralernen haben.

Als Kanzlei und Arbeitgeber haben wir eine soziale und gesellschaftliche Verantwortung. Auch Mandanten schauen zunehmend auf das Thema Social Mobility und wir möchten auch hier Diversität fördern. Für uns als Kanzlei wird auch das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger und nachhaltig zu arbeiten heißt auch: soziale Nachhaltigkeit.

Wurde das Programm gut von Stipendiaten angenommen? Hatten Sie viele Bewerbungen?

Wir waren uns zu Beginn nicht sicher, wie das Programm aufgenommen wird und ob wir überhaupt die Zielgruppe damit erreichen würden. Die Resonanz war beeindruckend. Uns haben eine Fülle an ausgezeichneten und beeindruckenden Werdegängen und insbesondere persönliche Geschichten erreicht. Das hat uns die Auswahl schwer gemacht, und es fiel uns nicht leicht, den ein oder anderen Kandidaten zu vertrösten.

Welche Kriterien legt Baker McKenzie bei der Auswahl der Stipendiaten an?

Ganz oben steht die Frage: Warum bewirbt sich jemand für ein „Stipendium für Chancengleichheit“? Was bringe ich als „persönliche Geschichte“ mit, sodass es sinnvoll erscheint, in dieses Programm aufgenommen zu werden? Und zwar nicht nur mit dem Fokus, wie kann ich selbst davon profitieren, sondern klar mit der Idee, was kann ich selbst Wertvolles in die Stipendiatengruppe einbringen und nach zwölf Monaten an die nächste Stipendiatengeneration weitergeben. Deshalb stand in unserem Auswahlprozess vor allem das persönliche Motiviationsschreiben im Vordergrund, als “Door Opener“ für ein Gespräch.

Warum läuft das Stipendium nur ein Jahr?

Wir denken, dass es um eine Starthilfe bzw. Initialzündung gehen soll, sozusagen eine Art „Sprungbrett“, das wir ermöglichen möchten. In einem Jahr kann hier sehr viel passieren und es bedeutet ja nicht, dass dann der Kontakt abbricht – im Gegenteil. Der Kontakt – besonders mit den Mentoren – bleibt weiterhin bestehen und das ist auch ausdrücklich so gewünscht.

Nur die „offiziellen Programmteile“, wie z. B. Seminare, Mentoring Circles etc. stehen nicht mehr auf der Tagesordnung. Auch die Einbindung als Alumni Stipendiat in der Begleitung der nächsten Generation ist ein wichtiger Bestandteil und lässt das Programm weiterleben. Und zu guter Letzt: Natürlich wollen wir möglichst vielen Nachwuchsjuristen diese Chance eröffnen.

Gibt es auch finanzielle Unterstützung?

Finanzielle Unterstützung gibt es z. B. bei einem Auslandsaufenthalt. Ansonsten setzt dieses Programm eben gerade nicht, wie andere Stipendien, den Fokus auf „monetäre Zuwendung“, sondern vielmehr auf begleiten, Türen öffnen, Mut machen, Zweifel ausräumen und unterstützen. Denn genau so etwas hat aus unserer Sicht bisher auf dem Markt gefehlt.

Fragen an Dr. Annette Keilmann

Warum haben Sie die Rolle als Mentorin übernommen?

Ich habe selbst als Studentin von einer Förderung durch ein Stipendium profitiert, und zwar vor allem auch in ideeller Hinsicht. Die Begabtenförderwerke bemühen sich zwar, auch Studierende aus nicht akademischen Elternhäusern zu fördern. Gleichwohl verhindern die ungleichen Startbedingungen häufig, dass entsprechende Studierende überhaupt für eine Förderung in Betracht gezogen werden.

Daher finde ich es wichtig – und es liegt mir selbst am Herzen –, Studierende mit schwierigeren Startbedingungen gezielt zu unterstützen. Außerdem habe ich das Bedürfnis, etwas zurückzugeben für die Förderung, die ich selbst erfahren durfte.

Schließlich macht es mir schlicht Freude, mit jungen interessierten Menschen in Kontakt zu kommen, von diesen zu lernen, aber auch eigene Erfahrungen zu teilen und die Stipendiaten auf ihrem Weg zu beraten.

Wie kommen Mentoren und Stipendiaten zusammen? Wie läuft das Mentoring ab?

Das “Matching“ haben die Kolleginnen unserer HR-Abteilung übernommen und Mentoren und Stipendiaten festen Circles zugeordnet. Mein Circle besteht aus vier Stipendiaten und drei Mentoren – Anwälten unterschiedlicher Karrierestufen.

Das Stipendium begann im Zuge unseres Kick-off Events im Februar 2023 in Frankfurt. Hier begegneten sich Stipendiaten und Mentoren erstmals persönlich. Es gab Vorstellungsrunden, Impuls-Vorträge und ein gemeinsames Kochevent im Kochstudio.

Anschließend fanden bereits die ersten rund zweistündigen Treffen der jeweiligen Mentoring Circles statt. Bei diesen Treffen werden Themen besprochen, die die Stipendiaten an ihre Mentoren herantragen, z. B. Planung und Organisation der verschiedenen Stationen im Referendariat oder Vor- und Nachteile einer Promotion oder eines LL.M.-Programms.

Zusätzlich gibt es speziell für die Stipendiaten ein eintägiges Seminar mit externem Trainer zum Thema „Interkulturelle Kompetenz“. An der anschließenden Abendveranstaltung nehmen auch die Mentoren teil. Das Stipendium schließt mit einem persönlichen Treffen aller Stipendiaten und Mentoren. In diesem Rahmen wird „der Stab übergeben“ an die Stipendiaten des nächsten Jahrgangs – und das Stipendium läuft mit weiteren Teilnehmern erneut für ein Jahr.

In welchen Punkten unterstützen Sie Stipendiaten konkret?

Ein wesentlicher Baustein ist das einmonatige Praktikum der Stipendiaten in unserer Kanzlei. Alle Praktikanten erhalten für diese Zeit einen Mentor zur Seite – einen Anwalt unserer Kanzlei. Je nach Rechtsgebiet, für das sich die Stipendiaten interessieren, muss es kein Mitglied des Mentoring Circles sein. So stellen wir sicher, dass eine individuelle Betreuung im Praktikum stattfindet und die Stipendiaten regelmäßig Feedback erhalten.

Es geht jedoch nicht nur um den fachlichen Einsatz beim Praktikum, sondern auch darum, mit Rat und Tat in der Entwicklungsbegleitung zur Seite zu stehen. Das kann heißen, bei ganz persönlichen Fragen des Lebenswegs zu helfen, Zweifel auszuräumen, zu bestärken, Netzwerke und Kontakte zu vermitteln, Türen zu öffnen etc.

Während des gesamten Stipendienzeitraums sind die Stipendiaten eingeladen, an der monatlichen “Baker(y)“ teilzunehmen. Diese Veranstaltung richtet sich an wissenschaftliche Mitarbeiter, Praktikanten und Referendare. Unsere Anwälte geben zum einen Auskunft zu Themen, die die Karriere in der Kanzlei betreffen, zum Beispiel die Möglichkeit von Auslandsaufenthalten. Zum anderen referieren sie zu allgemeinen, für den Adressatenkreis relevanten Themen, etwa der Strukturierung der Examensvorbereitung.

Die Stipendiaten erhalten zudem ein Jahr lang kostenlos Zugang zur Jurafuchs LernApp.

Schließlich stehen die Mentoren als persönliche Ansprechpartner für die Mitglieder ihres Mentoring Circles bereit, etwa wenn es um die weitere Studienplanung geht.

Was nehmen Sie aus Ihrem Engagement als Mentorin für sich mit?

Es freut mich sehr zu erleben, wie es die Stipendiaten beflügelt, dass sie „gesehen werden“, dass ihre Mühe, sich trotz teilweise widriger Startbedingungen durch das Jurastudium zu kämpfen, anerkannt wird.

So werde ich mir meiner eigenen privilegierten Situation – auch schon als Schülerin und Studentin – bewusst. Wenn die Stipendiaten berichten, dass ihnen das Stipendium Mut und Kraft gibt, weiter ihren eingeschlagenen Weg zu gehen, dann hat sich mein Einsatz als Mentorin gelohnt.

So hat mir „meine“ Stipendiatin Sarmila bei unserem letzten Treffen begeistert von ihrem Praktikum in unserem Düsseldorfer Büro erzählt. Es sei toll, wie freundlich sie aufgenommen worden sei und in wie viele Projekte sie Einblick erhalten konnte. Sie fühle sich dadurch bestärkt, weil sie nun wisse, „was das Ziel sei“.

Fragen an Sarmila Shanmugarajah

Wie sind Sie auf das Stipendium aufmerksam geworden?

Ich bin Alumna der Deutschlandstiftung Integration. Durch deren Netzwerk erfuhr ich von dem Stipendium für mehr Chancengleichheit.

War es einfach, sich zu bewerben?

Ja, die Bewerbungsschritte waren im Voraus klar geschildert und gut strukturiert. Die Anweisungen waren einfach verständlich und ließen keine Fragen offen, sodass man sich ohne Anstrengungen bewerben konnte.

Wie lief der Auswahlprozess aus Ihrer Sicht?

Ich war angenehm überrascht über die schnelle Antwort auf meine Bewerbung. Der gesamte Prozess verlief reibungslos und die HR Kolleginnen bei Baker McKenzie, die den Prozess begleiteten, waren äußerst freundlich und man erhielt zeitnah Rückmeldung nach den ersten Gesprächen. Besonders gefiel mir ihr Interesse an meiner Persönlichkeit, was für die Kanzlei bei allen Bewerbern mit im Vordergrund steht.

Sie wollten mich nicht allein anhand meiner Leistungen bewerten, sondern mich und meine Motivation für das Jurastudium kennenlernen. Es ging darum, welche Erfahrungen ich während meiner Studienzeit gesammelt habe, welche Hürden mir begegnet sind und wie ich es schaffe, trotz allem das Studium zu meistern. Damit konnte man erfreulicherweise bereits im Auswahlprozess erahnen, wie Baker McKenzie Werte wie Toleranz und Chancengleichheit lebt.

In welchen Punkten hilft Ihnen das Programm besonders?

Das Programm bringt mich auf unterschiedlichsten Ebenen weiter. Das Stipendium ermöglicht mir den Zugang zu hochwertigen Lernressourcen. Daneben ist das Stipendium ein Ansporn und steigert meine Motivation, mich auf hohem Niveau für mein Studium einzusetzen und mich auf meine Ziele zu fokussieren.

Die Mentoring Circles erweitern meinen juristischen Horizont und beantworten Fragen, mit denen man sonst allein dasteht. Sie machen die juristische Berufswelt greifbarer und die Vorstellung vom späteren Berufsleben realistischer.

Bringt Sie das Stipendium auch in Sachen Karriere weiter?

Definitiv. Das Stipendium erweist sich als äußerst förderlich für meine Karriereentwicklung. Durch die Möglichkeit, während des Studiums ein Praktikum in einer internationalen Großkanzlei zu absolvieren, kann ich bereits früh wertvolle Erfahrungen in der juristischen Praxis sammeln. Im Vergleich zu anderen Großkanzleien, die solche Gelegenheiten selten bieten, sehe ich dies als einen bedeutenden Vorteil.

Ein weiterer positiver Aspekt ist das wertvolle Netzwerk, das sich durch das Stipendium ergibt. Durch den Kontakt zu erfahrenen Anwälten der Kanzlei erhält man wertvolle Einblicke in die Branche und kann von den Erfahrungen und dem Fachwissen der Anwälte profitieren.

Besonders bereichernd ist die Chance, während des Praktikums in der Großkanzlei neue Rechtsgebiete kennenzulernen, die im Studium oft nur begrenzt behandelt werden. Das ermöglicht uns Stipendiaten, unseren juristischen Horizont zu erweitern und Interessen und Talente in Bereichen zu entdecken, die wir zuvor nicht in Betracht gezogen haben.

Insgesamt bietet das Stipendium somit Gelegenheiten, die eigene Karriere voranzutreiben, wertvolle Praxiserfahrungen zu sammeln, ein starkes Netzwerk aufzubauen und spannende Rechtsgebiete kennenzulernen. Diese Erfahrungen und Erkenntnisse können einen entscheidenden Vorteil bei künftigen beruflichen Herausforderungen bieten und den Weg zu einer erfolgreichen Karriere als Juristin ebnen.

Wie ist das Miteinander mit den Mentoren und Stipendiaten?

Äußerst positiv und bereichernd. Die Mentoren sind sehr unterstützend und engagiert, nehmen sich viel Zeit für uns, auch außerhalb der offiziellen Mentoring Circles, und stehen uns Stipendiaten mit Rat und Tat zur Seite.

Frau Dr. Annette Keilmann ist eine meiner Mentorinnen bzw. Mentoren und hat mich sowohl zu meiner Examensvorbereitung als auch in Bezug auf die Dinge, die nach dem Studium kommen, wie eine mögliche Promotion, beraten. Durch ihre Einblicke, Erlebnisse aus ihrem Studienleben und geteilten Erfahrungen konnte sie mir sehr weiterhelfen. Es ist wirklich bereichernd, Mentoren wie sie zu haben.

Auch das Miteinander unter den Stipendiaten ist großartig. Hier lernt man nicht nur fachlich voneinander, sondern es entstehen Freundschaften und eine starke Verbundenheit. Wir ermutigen einander, teilen Erfolge sowie Herausforderungen und wachsen gemeinsam.

Was gefällt Ihnen besonders an dieser Erfahrung?

Als jemand, der unter erschwerten Bedingungen Jura studiert, ist es nicht einfach, in der Universität den richtigen Anschluss zu finden und man fühlt sich unter so vielen Studierenden schnell allein. Ich schätze das inspirierende Miteinander mit den anderen Stipendiaten und die Möglichkeit, früh in die Praxis einzutauchen und praktische Erfahrungen zu sammeln. Die Mentoren bieten Einblicke in die Berufswelt von Juristen, die man als Studentin leider oft gar nicht oder nur selten erhält.

Bei meinem Praktikum in Düsseldorf nahm mich das Team herzlich auf, ich war gut in das Team integriert und man gab mir spannende Aufgaben, die ich mir vor dem Praktikum nicht zugetraut hätte. Ich lernte binnen kürzester Zeit viele Rechtsgebiete kennen und unglaublich viel dazu. Ich hatte sehr viel Freude, in den Kanzleialltag einzutauchen. Das Praktikum war eine der wertvollsten Erfahrungen, die ich während meines Studiums je machen durfte.

Neben dem Unialltag wirkt dieses Stipendium erfrischend, und ich bin sehr dankbar, dass ich Teil davon sein darf. Insgesamt ist diese Erfahrung eine einzigartige Chance, mein Potenzial auszuschöpfen und mich auf meinem Weg als angehende Anwältin bestmöglich zu entwickeln.

Zugunsten der Lesbarkeit haben die Interviewpartnerinnen auf eine geschlechterspezifische Schreibweise verzichtet. Wir bitten um Verständnis.

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