Pflichtpraktikum im Jurastudium: Meine Erfahrungen mit Bewerbung & Co.

Dein Praktikum in Jura steht an? Unsere Autorin verrät, wie du die passende Stelle findest, wie die Bewerbung abläuft und was dich erwartet.

Ein Jurastudium ohne Praktikum? Das ist unmöglich, denn die Prüfungsordnung sieht für jeden Jurastudenten eine praktische Studienzeit vor. Dabei kann aus einer großen Fülle von Möglichkeiten geschöpft werden. Du fragst dich, welche Praktikumsstelle zu dir passt? Unsere Autorin verrät dir, warum das Pflichtpraktikum besser ist, als sein Ruf.

Wo soll ich mein Pflichtpraktikum in Jura absolvieren?

Klingt selbstverständlich, ist aber oft gar nicht so einfach: Man sollte sich als Erstes bewusst machen, was genau man möchte und in welchen Bereich man einen Blick werfen mag. Stellt man es sich spannend vor, Gerichtsverhandlungen zu begleiten und Mandanten in einem persönlichen Gespräch zu beraten? Dann sind Kanzleien oder auch der Staatsdienst gut geeignet, um den anwaltlichen Alltag hautnah mitzuerleben.

Hat man bereits Erfahrungen gewonnen und/oder ist interessiert daran, in einer größeren, vielleicht auch internationalen Kanzlei ein Praktikum zu absolvieren? Dann ist ein Praktikum in einer Großkanzlei empfehlenswert. Für Studierende, die sich vorstellen können, später in einem (Wirtschafts-) Unternehmen zu arbeiten, bieten sich Praktika in den Rechtsabteilungen verschiedener Unternehmen an.

Meine bisherigen Erfahrungen konnte ich in einer kleineren Kanzlei mit fünf Anwälten, bei der Staatsanwaltschaft und zuletzt in einer Großkanzlei sammeln. Besonders gefiel mir bei meiner letzten Station der internationale Bezug, der es mir unter anderem ermöglichte, mein Englisch zu trainieren und auszubauen. Außerdem fand ich die Vielfalt der vertretenen Rechtsgebiete und die Zusammenarbeit der Anwälte spannend. Dagegen durfte ich bei der kleineren Kanzlei und der Staatsanwaltschaft sämtliche Gerichtstermine begleiten, die sehr interessant waren.

Gerade zu Beginn des Studiums hatte ich noch keine genauen Vorstellungen von einem Schwerpunktbereich, den ich gerne näher anschauen würde. Daher empfiehlt es sich, sich entweder vorab auf der jeweiligen Website möglicher Praktikumsgeber zu informieren oder sein Praktikum nach seinem im Jurastudium gewählten Schwerpunkt auszurichten.

Wie findet man einen Platz für das Pflichtpraktikum?


Bei der Wahl einer geeigneten Stelle stellt sich nicht nur die Frage, wo man danach sucht, sondern auch die nach der richtigen Bewerbung dafür. Neben Karrieremessen, die ich auch sehr gerne nutze, um erste Kontakte zu knüpfen, empfiehlt es sich natürlich auch, die Firmenwebsites aufzurufen und sich dort nach Möglichkeiten für ein Praktikum zu erkundigen.

Viele größere Kanzleien bieten Gruppenpraktika an, manche auch individuelle Praktika, die unter Umständen auch an die gewünschte Zeitspanne angepasst werden können. Generell würde ich Gruppenpraktika erst dann in Erwägung ziehen, wenn schon erste Erfahrungen gesammelt wurden. Für den Einstieg und einen ersten Einblick in die Berufspraxis halte ich Einzelpraktika für effizienter, da man häufig einen direkten Ansprechpartner hat und im Optimalfall auf einen zugeschnittene Aufgaben bekommt.

In seiner Suche kann man außerdem eine mögliche Vergütung einbeziehen. Viele Kanzleien geben darüber bereits auf der Website Auskunft, andere dagegen erst im persönlichen Gespräch. Beachten sollte man hierbei aber, dass eine hohe Vergütung nicht alles ist! Vielmehr sollte persönliches Interesse am Rechtsgebiet und dem Unternehmen an sich überwiegen.    

Wie läuft die Bewerbung für ein Praktikum im Jurastudium ab?

Hat man sich für einen geeigneten Ort entschieden, fehlt nur noch die Bewerbung für dein Praktikum in Jura. Viele Kanzleien halten hierfür Online-Portale bereit, die Formulare enthalten. So muss man oft nur seine fertigen Dokumente – einzeln oder zusammengefügt – hochladen.

Hierbei sind die klassischen Formalia zu beachten. Meist wird neben einem Anschreiben ein CV mit entsprechenden Zeugnissen oder Nachweisen verlangt. Wie überall gilt auch hier: je aktueller, desto besser. Achte also immer darauf, dass der CV auf dem neuesten Stand ist.

Bei englischen oder amerikanischen Kanzleien kann es zudem sein, dass ebenfalls ein englischsprachiger CV verfasst werden soll. Ganz besonders ist dort auf den abweichenden Aufbau zu achten und Besonderheiten, z.B. dass kein Foto eingefügt wird.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für das Praktikum?

Für ein Praktikum während des Jura-Studiums gibt es meiner Meinung nach nicht den einen verbindlichen richtigen Zeitpunkt. Entweder muss man auf einen Teil seiner Semesterferien verzichten, nebenbei eine Hausarbeit verfassen oder bereits für eine andere Klausur lernen, die noch ansteht.

Mein Tipp: Beachten soll man vorwiegend die Abgabetermine und mögliche Zweittermine und insbesondere auch den Vorlesungsbeginn! Fällt das Praktikum nämlich in die Vorlesungszeit, kann es in vielen Fällen nicht auf die praktische Studienzeit angerechnet werden. Letztlich wird es oft unvermeidbar sein, zumindest eine Kollision mit den eigenen Interessen hinnehmen zu müssen.

Hinsichtlich der Dauer des Praktikums werden die Kanzleien oder das Unternehmen wahrscheinlich eigene Anforderungen an eine Mindestlaufzeit stellen. Auch die Universitäten geben teilweise die Anzahl der zu absolvierenden Wochen an, die zur Anrechnung benötigt werden. Grundsätzlich sind mindestens vier Wochen Voraussetzung, um sich einzuleben und einiges an Erfahrungen zu sammeln.

Vor allem während meines letzten Praktikums bekam ich Aufgaben, in die ich mehrere Tage investierte; die Wochen vergingen rasend schnell und ich wäre sogar gerne noch länger geblieben – hätte nicht die Uni direkt wieder begonnen. Gerade längere Praktika ermöglichen einen sehr guten Einblick in die Materie und dank der Vielfalt an Aufgaben wird es (hoffentlich) nicht langweilig.

Pflichtpraktikum in Jura: Warum es viel besser ist, als sein Ruf

Die praktische Studienzeit mag bei vielen den Ruf als nervtötendes Pflichtprogramm haben, insbesondere wenn sie innerhalb der vorlesungsfreien Zeit stattfindet und die freie Zeit verkürzt. Auch in meinem Fall waren alle Termine knapp getaktet und ich hatte nur wenig Freizeit in den Semesterferien. Im ersten Moment ist das zwar ärgerlich – im Nachhinein betrachtet aber nicht so schlimm, denn man:

  • gewinnt eine Menge an Praxiserfahrung,
  • lernt die „realen“ Arbeitszeiten im Berufsleben kennen,
  • hat eventuell die Chance, Zeit in einer anderen Stadt zu verbringen,
  • knüpft Kontakte zu Anwälten, Mitarbeitern, Referendaren,
  • wird oft auch mal zu Social Events eingeladen und  
  •  bekommt seine praktische Studienzeit angerechnet.

Auf den Punkt gebracht: Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich das Pflichtpraktikum in Jura wirklich lohnt und einige interessante Chancen bietet!

// Weitere Bewerbungstipps für Jurist*innen findet ihr hier: Bewerbungstipps für Juristen: So punktet ihr mit euren Unterlagen

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Autorin
Luisa Wilhelm

Luisa Wilhelm studiert den Kombinationsstudiengang LL.B. an der Universität Mannheim. Dort arbeitet sie neben ihrem Studium im Dekanat der Abteilung Rechtswissenschaften und bekommt so einen umfangreichen Einblick in das Geschehen der Verwaltungsarbeit, was wirklich spannend sein kann.

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