Alaaf — Gerichtstermin am Rosenmontag

Gerichts- und Narrenfrei am Rosenmontag? Eine humorige Betrachtung

Rosenmontag – wie kann man da nur terminieren?

Bei Twitter ging es viral – ein Kölner Anwalt beantragt die zeitliche Verlegung seines Gerichtstermins in Berlin. Die Begründung: „Rosenmontag sei ein quasi-religiöser Tag mit quasi-feiertags Bedeutung im Rheinland.“ Alleine dies rechtfertige die Verlegung des Termins. Sicherlich ein Argument, das in erster Linie im Rheinland relevant ist.

Während Nicht-Karnevalisten schon jetzt den Kopf schütteln, gibt es zahlreiche Karnevalsfreunde, die den Anwalt für seinen Antrag feierten. Doch wie ist die Rechtslage – kann tatsächlich der Rosenmontag in Köln Grund für die Verlegung eines Termins in Berlin sein? Ein kleiner Beitrag, passend zum Karneval – mit ernstem Hintergrund, etwas Humor und garantiert schlechten Wortspielen.

Der Anwalt schrieb an das Gericht:

Die Kanzlei des Unterzeichners ist in Köln gelegen. Dort ist am Termintag, dem sog. Rosenmontag, ein regionaler Brauchtumstag mit quasi-feiertagsähnlicher Wirkung und quasi-religiöser Bedeutung, weswegen in den Gerichtsbezirken am hiesigen Sitz am sog. Rosenmontag sogar der Geschäftsbetrieb ruht (vgl. nur OLG Köln, Beschluss vom 07.12.2021 – 14 WF 160/21

(Anm. des Autors: Dort steht, dass am Rosenmontag am OLG kein Geschäftsbetrieb stattfindet, ohne Begründung).

Dem Unterzeichner ist bekannt und bewusst, dass dem sog. Rosenmontag am eher heidnisch geprägten Sitz des Prozessgerichts keine vergleichbare Wirkung und/ oder Bedeutung zukommt.

Da der Unterzeichner am sog. Rosenmontag in Köln jedoch gerne quasi-religiösen Betätigungen nachgehen möchte, wird in aller Höflichkeit um antragsgemäße Terminsverlegung gebeten.“

Wie das Gericht entschieden hat, ist mir nicht bekannt. Dennoch gibt es bereits Rechtsprechung, die sich mit dieser Frage auseinandersetzt – und diese ruft nicht laut: „Kölle Alaaf!“

Was machen andere Gerichte?

So finden außerhalb Kölns sehr wohl und sicher zur Verwunderung einiger Karnevalisten Gerichtstermine am Rosenmontag statt und der (durch das Feiern bedingte) Ausnahmezustand einzelner Prozessparteien gewährt keine Ausnahme. So hat das LAG Rheinland-Pfalz, ansässig in Mainz, entschieden (7 Ta 60/05), dass der Rosenmontag am Gericht ein Tag wie jeder andere sei. Das Karnevalistenherz mag aufschreien, aber nüchtern betrachtet, leuchtet das ein.

Auch wenn die Kölner Gerichte vom normalen Geschäftsbetrieb absehen und nicht terminieren (was neben dem Brauchtum auch ganz banal dem Punkt geschuldet sein mag, dass Köln an diesem Tag überfüllt ist und ein störungsfreier Betrieb nicht gewährleistet werden kann), kann dies keine Bindungswirkung entfalten, in dem Sinne, dass Kölner Anwälte generell am Rosenmontag keine Terminierung von Gerichtsterminen erfahren können. Sonst müsste jedes Brauchtum in jeder Stadt verhindern können, dass an diesen Tagen bei Gericht für die Betroffenen an irgendeinem Gericht in Deutschland terminiert wird. Und eine Ausnahme für den Kölner Anwalt macht allein schon Düsseldorf nicht mit.😉 Und anscheinend gibt es zwar in Mainz einen Karnevalsverein, aber bei diesem belassen es die Gerichte.😉

Aber sicher gibt es andere Argumente für einen freien Rosenmontag?

Wirkliche Gegenargumente gibt es leider auch nicht. Dass man am Rosenmontag feiern möchte, ist menschlich nachvollziehbar, schließlich ist man ja mit Freunden und Gästen unterwegs.

Zwar unterstützte der Chef des Anwaltes mit dem Tweet:

„Man mag das außerhalb des Rheinlands albern finden, aber das geht (absolut ironiefrei) WIRKLICH nicht! Ich wohne z.B. am Zugweg und habe jedes Jahr die Bude voll. Es ist gänzlich ausgeschlossen, dass ich irgendwo anders sein werde als bei meinen Gästen!“

Dieser Tweet kann aber rechtlich nicht überzeugen. Schließlich hat jede/r Geburtstag oder eine andere Feierlichkeit und dann auch mal die Bude voll, jeder hat Tage, die er oder sie persönlich als Feiertage oder „quasi-religiöse“ Veranstaltungen empfindet (Fußballspiel, Kleintierzüchterfeste und was noch einfällt).

Bayern hat seinen eigenen Humor

Auch in Bayern kam es zu einem „Karnevalsprozess“. Dort terminierte ein Richter zwar nicht am Rosenmontag, aber pünktlich zum Karnevalsbeginn am 11.11. um 11:11 Uhr. Eine Prozesspartei reichte daraufhin gegen den betreffenden Richter Dienstaufsichtsbeschwerde ein, da sie der Auffassung war, der Richter sähe den Rechtstreit (einen Unterhaltsprozess) als „närrisch“ an.

Das OLG München (26 AR 107/99) meinte, dass man etwas mehr Humor erwarten könne, zumindest aber etwas Gelassenheit. Bei einer Terminierung um 11:10 Uhr hätte sich schließlich laut dem OLG niemand beschwert.

Zumindest der Humor wird in Bayern demnach zumindest rechtlich anerkannt – aber frei am Rosenmontag wird es wohl auch dort leider nicht geben.

Und das End‘ von der Geschicht‘

Um die Narrenfreiheit bei Gericht am Rosenmontag steht es nicht gut. In Köln ist zwar Ausnahmezustand, aber der Rest der Republik sieht dies ganz nüchtern.

Am Ende muss man festhalten, so wie der Antrag formuliert ist, versucht der Anwalt mit Humor und etwas Dreistigkeit vielleicht doch sein Ziel zu erreichen und hat zumindest einen (witzigen) Marketingcoup gelandet.

So sind er, seine Kanzlei und das Kölner Brauchtum in aller Munde. Nebenbei lacht auch der närrische Prüfer, denn er hat eine kreative Einstiegsfrage für die mündliche Prüfung gefunden, die man schnell beantworten kann. Als Prüfling hat man am nächsten Morgen hoffentlich keinen „Kater“ von der Frage. (und hier nur der Hinweis auf § 227 ZPO, der die Terminsverlegung regelt).

Und um mit einem schlechten Wortspiel abzuschließen: Sollte das Gericht doch noch einen Narren an dem Anwalt gefressen und den Antrag wohlwollend beschieden haben, wünsche ich viel Spaß beim Feiern!

Dr. Michael Hoerdt
Autor
Dr. Michael Hördt

Dr. Michael Hördt, M.C.L. (Mannheim/ Adelaide) studierte Jura an der Universität Heidelberg mit Praktika in Zürich und Dublin. Danach erwarb er den Master of Comparative Law der Universität Mannheim und der University of Adelaide und promovierte zum Thema „Pflichtteilsrecht und EuErbVO“ an der Universität Potsdam. Sein Referendariat absolvierte er am LG Darmstadt mit Stationen in Dublin und Washington, D.C. Er war Rechtsanwalt in einer mittelständischen Kanzlei in Frankfurt a.M. im Arbeitsrecht und für das Irlandgeschäft der Kanzlei zuständig. Aktuell ist er Syndikusrechtsanwalt bei Infosys Limited im Arbeitsrecht in Frankfurt a.M.