Vom Studium in den Job – Wie klappt der Berufseinstieg als Anwalt?

Unser Interviewpartner Rolf Tichy ist seit 2021 Rechtsanwalt bei ARQIS und berichtet von seinem Berufseinstieg als Anwalt.

Unser Interviewpartner Rolf Tichy ist seit 2021 Rechtsanwalt für IP-Recht bei ARQIS.

Vom Studium in den Job: Rolf, wie verlief dein Weg, bevor du zu ARQIS kamst?

Ich habe in Hamburg studiert und bin zum Referendariat nach München gekommen. Das war insofern ungewöhnlich, weil in Bayern damals noch elf Klausuren im Referendariat zu absolvieren waren statt der acht in Hamburg und einige Rechtsgebiete, wie zum Beispiel Steuerrecht oder Wasserrecht, dazu gekommen sind.

Es ist also in Hamburg vermeintlich weniger Aufwand und daher gehen viele Studierende eher den umgekehrten Weg.  Strategische Aspekte haben mich bei meiner Entscheidung allerdings eher weniger interessiert. Für mich zählte, wo ich gerne leben möchte. So bin ich nicht nach den Rankings gegangen, wo es die besten Jura-Unis gibt. Für mich war immer entscheidend, in welcher Stadt und mit welchen Menschen ich die nächsten Jahre meines Lebens verbringen möchte.

Wie findet man die richtige Kanzlei?

Ein wirkliches Patentrezept gibt es dafür, glaube ich, nicht. Natürlich können Rankings oder Empfehlungen von Bekannten ein erstes Indiz sein. Ob eine bestimmte Kanzlei zu einem passt, ist aber sehr individuell und lässt sich am besten durch die Erfahrung aus früheren Stationen feststellen. Auch Vorstellungsgespräche können einen guten Eindruck von der Kanzlei und vom jeweiligen Team vermitteln. So habe ich bei ARQIS schon von Anfang an gemerkt, dass die Chemie stimmt.

Karriereportale, Jobanzeigen, Messen – was hat dich zur Bewerbung geführt?

Zunächst habe ich vor allem Stellenanzeigen auf den großen juristischen Plattformen verfolgt. Die Jobanzeige auf der Webseite von ARQIS habe ich aber über eine Suchmaschine für Stellenangebote gefunden. Über ARQIS hatte ich vorher noch nicht viel gehört und ich hatte auch keine Bekannten, die dort arbeiteten.

Die Stellenanzeige klang aber interessant und hat mich neugierig gemacht. Ich hatte noch andere Gespräche bei Großkanzleien, aber am Ende hat mich das Konzept von ARQIS überzeugt. Ausschlaggebend für mich waren neben den fachlichen Aspekten vor allem die Gespräche mit dem Partner Marcus Nothhelfer, da hat es auch zwischenmenschlich direkt vom ersten Moment an sehr gut gepasst.

Wie hast du dein Fachgebiet gefunden?

Das fing für mich im Schwerpunktbereich während des Studiums an: Ich hatte an der Uni in Hamburg den Schwerpunkt “Information und Kommunikation“, das umfasste Medien- und IT-Recht, aber auch den gewerblichen Rechtschutz.

Alles was im weitesten Sinne zum gewerblichen Rechtsschutz gehört, wird unter Juristen oft der „Grüne Bereich“ genannt. Das leitet sich ab von einer Zeitschrift mit grünem Einband, die die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR) herausgibt. Diesen Grünen Bereich fand ich immer spannend.

Als Student habe ich im Leibniz-Institut für Medienforschung (Hans-Bredow-Institut) in Hamburg gearbeitet. Außerdem hatte ich eine Reihe freiwilliger Praktika absolviert, zum Beispiel beim Spiegel-Verlag und einer kleineren Boutique, die sich auf gewerblichen Rechtschutz spezialisiert hatte.

Zwischen meinen beiden Examina habe ich dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Markenrecht bei einer Großkanzlei gearbeitet und in der Anwaltsstation war ich in einer mittelständischen Kanzlei im Bereich Medien- und IT-Recht tätig. So bin ich dem Grünen Bereich immer treu geblieben.

Unternehmensjurist oder Kanzlei: Wo liegen für dich die Unterschiede?

Für meinen Berufseinstieg habe ich bewusst eine Kanzlei gewählt, um viele verschiedene Mandanten zu beraten und so möglichst vielfältige Erfahrungen zu sammeln. Gerade bei einer Kanzlei wie ARQIS, die vom Start-up über den Mittelständler bis zum Großkonzern die verschiedensten Arten von Unternehmen berät, bekommt man schnell Einblicke in die Bedürfnisse unterschiedlicher Unternehmenstypen.

Jeder ist in seinem Rechtsbereich Experte, aber wir arbeiten immer übergreifend und eng mit den anderen Teams zusammen. So passiert der Blick über den eigenen Tellerrand hinaus geradezu automatisch.

Auf der Seite eines Unternehmens als Jurist zu arbeiten, bietet sich m.E. sehr gut für Allrounder an. Ich wollte mich aber gerne etwas mehr im Fachgebiet spezialisieren. Bei ARQIS ist es dann eine sehr gute Mischung geworden: Jeder ist in seinem Rechtsbereich Experte, aber wir arbeiten immer übergreifend und eng mit den anderen Teams zusammen. So passiert der Blick über den eigenen Tellerrand hinaus geradezu automatisch.

Haben das Studium und Referendariat dich gut auf die praktische Tätigkeit in einer Kanzlei vorbereitet?

Das Studium und auch das Referendariat bereiten auf die praktische Tätigkeit vor, da man sich Grundfertigkeiten aneignet, die man immer wieder braucht. Im Studium steht die wissenschaftliche Arbeit im Fokus und die systematische, juristische Denkweise wird trainiert. Durch das Referendariat wird man bereits ganz gut auf das Verfassen von Schriftsätzen vorbereitet. Wenn man dann noch einen Schwerpunkt hat, der später passt, hilft das schon ziemlich viel.

Die Vertragsgestaltung spielt dagegen bei den allermeisten Juristen in der Ausbildung noch keine Rolle. Hier kommt einem aber ein gutes juristisches Grundverständnis zugute und man findet sich dann doch schnell ein. Spezielle Fachbereiche, wie z.B. das Markenrecht, deckt das Studium aber, ausgenommen von einigen Schwerpunktbereichen, überhaupt nicht ab.

Da ist dann gerade am Anfang noch Vieles neu. Dazu kommt, dass das Studium nach wie vor einige Fähigkeiten nicht vermittelt, die im späteren Berufsleben von hoher Bedeutung sind, wie z.B. der richtige Umgang mit Mandanten oder Themen wie Legal Design und Legal Tech.

Hattest du selbst Vorurteile zum Berufseinstieg als Anwalt?

Ich habe immer gedacht, dass man in den ersten Jahren nach dem Berufsstart in einer Wirtschaftskanzlei eher ein gut bezahlter wissenschaftlicher Mitarbeiter im stillen Kämmerlein ist. Aber das ist glücklicherweise überhaupt nicht so!

Was mich wirklich erstaunt hat, ist, dass ich bereits in der allerersten Woche in einem Call mit Mandanten saß und ganz selbstverständlich nach meiner Meinung zum Fall gefragt wurde. Die Mandanten riefen mich bald auch regelmäßig persönlich an. Ich musste spontan Fragen beantworten und es ging sehr schnell, dass ich sehr engen Mandantenkontakt hatte.

Großkanzlei oder Boutique: Was ist besser zum Einstieg?

Das lässt sich so pauschal gar nicht beantworten, da die allgemeinen Vorurteile über Großkanzleien und Boutiquen nicht immer zutreffen. Ich glaube, es gibt sehr große Unterschiede zwischen allen Kanzleien und auch zwischen den einzelnen Teams innerhalb der Kanzleien. Deshalb sollte man sich möglichst selbst ein Bild davon machen, indem man Stationen in Kanzleien verschiedener Größe und Ausrichtung macht.

In der Tendenz kann man aber schon sagen, dass die Boutiquen oft flexibler agieren können als die international eingebundenen Großkanzleien. Das kann für den nötigen Freiraum sorgen, um die individuelle persönliche und berufliche Entwicklung der Associates zu fördern. Diese ist aus meiner Sicht beim Berufsstart mehr wert als ein möglichst großer Name im Lebenslauf. 

Stichwort Verantwortung – wie viele Gestaltungsmöglichkeiten hat man im ersten Berufsjahr?

Bei ARQIS darf man fast alles selbst machen. Natürlich gilt dennoch das Vier-Augen-Prinzip und man wird nicht allein gelassen. Man bekommt aber bereits sehr früh viele Aufgaben in Eigenverantwortung. Die Arbeit im IP/IT-Recht ist nicht nur fachlich, sondern auch hinsichtlich der Arbeitsweise abwechslungsreich. Von der Arbeit mit Verträgen und dem Erstellen von Memoranden und Gutachten, über die Begleitung von Gerichtsverfahren und Unternehmenstransaktionen, bis hin zum Halten von Seminaren und Workshops ist alles dabei. Es wird also nicht so schnell langweilig! Bei zeitintensiver Arbeit, wie dem Aufarbeiten von Sachverhalten, dem Recherchieren von Meinungen und dem Schreiben von Schriftsätzen, geht die meiste Zeit auf das Konto von Associates.

Bei ARQIS darf man fast alles selbst machen. Natürlich gilt dennoch das Vier-Augen-Prinzip und man wird nicht allein gelassen. Man bekommt aber bereits sehr früh viele Aufgaben in Eigenverantwortung

Mit den erfahreneren Associates und dem Partner wird diese Arbeit am Ende besprochen und gemeinsam nachgeschärft. In der Kommunikation mit Mandanten läuft es unterschiedlich, das kann bei dem Partner verbleiben, weil es oft gut ist, einen zentralen Ansprechpartner zu haben. Es gibt aber auch den Fall, dass man hier genauso eingebunden wird und direkten Mandantenkontakt hat.

Auch Mandantenakquise darf man bei uns von Anfang an machen, wenn es sich ergibt. Es gibt nicht viele Dinge, die man als Associate nicht machen kann oder darf. Ich habe mich immer als sehr integrierter Teil des Teams gefühlt.

Spielen Hierarchien heute in Kanzleien noch eine große Rolle?

Hierarchien dienen ja dem Zweck, Arbeitsabläufe zu vereinfachen. Für mich ist sehr sinnvoll, dass Leute mit mehr Erfahrung andere Aufgaben übernehmen. Ein Berufsanfänger ist durch das Referendariat bereits ganz gut auf das Verfassen von Schriftsätzen vorbereitet und aus Studium und Praxisstationen oder eventuell einer Promotionsphase gut darin, die wissenschaftlicheren Aufgaben zu übernehmen, wie etwa das Schreiben von Memos.

. Auf sachlicher Ebene macht eine Hierarchie also für mich sehr viel Sinn.

Aber auch in die Praxis der Vertragsgestaltung kommt man schnell rein, obwohl diese im Studium bei den allermeisten Juristen noch keine Rolle gespielt hat. Ein Partner kann dann seine praktische Erfahrung einbringen, indem er taktische Richtungen vorgibt und Verbesserungsvorschläge macht. Dazu kommen natürlich die Personalverantwortung und deutlich mehr Mandantenbetreuung und Akquise als bei den Associates. Auf sachlicher Ebene macht eine Hierarchie also für mich sehr viel Sinn.

Hierarchie bedeutet aber für mich nicht, Leute anders zu behandeln, weil sie beruflich auf einer anderen Stufe stehen. Das ist bei uns auch glücklicherweise nicht der Fall. Man fühlt sich ernst genommen und hier gibt es keine künstlichen sozialen Grenzen.

Was empfiehlst du anderen Berufsanfängern?

Man sollte sich unbedingt mehr anzuschauen als unbedingt erforderlich ist. Mir hat mein freiwilliges Praktikum beim Spiegel-Verlag beispielsweise sehr viel gebracht und ich bereue nicht, zusätzliche Zeit dafür investiert zu haben.

Ich finde es außerdem sehr sinnvoll, sich viele unterschiedliche Dinge anzuschauen, um einen möglichst breiten und realistischen Blick für den Arbeitsmarkt zu entwickeln. Dabei kann es auch helfen, nicht alle Stationen bei derselben Kanzlei zu machen, selbst wenn es einem ganz gut gefallen hat. Die Gelegenheit, aus erster Hand viele verschiedene Arbeitgeber anzuschauen, bekommt man später so nicht wieder.

Mit welchen Fragestellungen hast du dich direkt zu Beginn beschäftigt? Gab es einen besonders spannenden Fall?

Ich wurde ab dem ersten Tag bei ARQIS in einen großen Markenrechtsprozess eingebunden. Zu Beginn durfte ich im Klageverfahren vor dem Landgericht Schriftsatzarbeit übernehmen. Es ging um einen Streit zwischen unserer Mandantin, einem großen Logistikdienstleister, und einem Modellbauhersteller auf der anderen Seite. Das war ein sehr interessantes Verfahren, wo man viel argumentieren konnte. In meinem ersten Jahr ging es in die erste Instanz und im zweiten Jahr in die zweite Instanz.

Es war spannend und toll, das Verfahren über die Zeit zu begleiten. Bestimmte Einzelfragen, die ich rechtlich aufbereitet hatte, durfte ich direkt mit der Mandantin besprechen. So wurde mir schon in den ersten Wochen das Wort in Mandantenterminen erteilt und ich war intensiv beteiligt. Dabei habe ich gelernt, wie wichtig intensive Vorbereitung ist. Bei guter Vorbereitung kann man auch als Berufsanfänger entspannt und authentisch in solchen Terminen sein und braucht keine Angst zu haben, denn man arbeitet mit seinen Mandanten ja am selben Ziel. 

Was ist das Beste an deinem Job?

Ich mag die Flexibilität als Anwalt. Ich habe keine festen Arbeitszeiten, in denen ich ein- und ausstempeln muss. Ich kann mir meine Zeit frei einteilen und es ist auch nicht so wichtig, von wo aus ich meinen Job erledige. Es macht Spaß, sich für seine Mandanten einzusetzen, und es ist natürlich das Tollste, ein gutes Feedback zu bekommen und das Gefühl zu haben, man hat wirklich geholfen.

Ich finde es außerdem großartig, dass die Arbeit so kooperativ ist! Ich muss mich intern im Team und mit den Mandanten sehr gut abstimmen sowie mit der Gegenseite. Man hat viel Kontakt mit Menschen – es ist ein People´s Business und das gefällt mir sehr.

Dieser Beitrag erschien zuerst im mylawguide 2022, dem Karrierehandbuch für Juristinnen und Juristen.

Rolf Tichy, Autor mylawguide
Autor
Rolf Tichy

Unser Interviewpartner Rolf Tichy ist seit 2021 Rechtsanwalt bei ARQIS für IP-Recht, Gewerblichen Rechtsschutz, Urheberrecht, Litigation, Prozessführung und Schiedsverfahren, Markenrecht, Wettbewerbsrecht, IT-Recht. Er ist Autor des ARQIS Metaverse Blog