Bitcoin & Co. Regulierung von Kryptomärkten im deutschen und europäischen Recht

Kryptowerte sind seit Jahren in den Märkten und Medien präsent. Hypes und Abstürze sind Themen in den Nachrichten. Welche rechtlichen Herausforderungen sind mit Kryptowerten verbunden?

Der Hype um Kryptowerte nimmt nicht ab. Wer vor einigen Jahren in Bitcoin, als bekanntesten Vertreter sog. Currency Token, investiert hat, kann sich mit etwas Glück heute Bitcoin-Millionär nennen. Die Goldgräberstimmung unter den Marktteilnehmern hält weiter an und wird durch die Etablierung neuer Kryptowerte befeuert. Zuletzt hat das Aufkommen von Non Fungible Token (NFT) als gegenwärtiges „Krypto-Trendprodukt“ die Schlagzeilen dominiert. Anders als Currency Token wie Bitcoin werden NFT gerade nicht im Stile eines handelbaren Zahlungsmittels ausgegeben, sondern als einmalige und dadurch nicht 1:1 austauschbare („non-fungible“) Wertmarke.

Fragen rund um die rechtliche Behandlung von Kryptowerten sind gleichermaßen spannend und herausfordernd: Wie sind Kryptotransaktionen zivilrechtlich zu erfassen? Lässt sich an Kryptotoken Eigentum begründen? Unter welchen Voraussetzungen fallen Kryptowerte in den Anwendungsbereich bereits bestehender oder ggf. nachzuschärfender Gesetze? Sind Kryptotoken ertragsteuerlich relevant und ist beim Transfer von Kryptowerten Geldwäscheprävention zu betreiben? Und vor allem: Wie bewerten die Aufsichtsbehörden Geschäfte mit Bitcoin & Co.?

Technischer Fortschritt und rechtlicher Rahmen

Die Kryptomärkte entwickeln sich dynamisch, wobei das auf Kryptoprodukte anzuwendende Recht entweder dem technischen Fortschritt folgt oder hierfür etablierte Grundsätze handhabbar gemacht werden müssen. Paradebeispiel sind die Schwierigkeiten rund um die sachenrechtliche Einordnung.

Kryptotoken sind mangels Körperlichkeit keine Sachen im Sinne des § 90 BGB (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 19.4.2023 – 13 U 82/22, VersR 2023, 780), ein Anspruch auf Übertragung von Kryptotoken lässt sich mangels Sacheigenschaft auch nicht durch Sachherausgabe vollstrecken (OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2021 – 7 W 44/20, BKR 2021, 514).

Im Wertpapierbereich, wo ein größerer Bedarf an klarer sachenrechtlicher Erfassung besteht, hat der Gesetzgeber mit §§ 2 Abs. 3, 4 Abs. 3 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere (eWpG) für elektronische Wertpapiere – und damit für Kryptowertpapiere (als spezielle Unterkategorie der Kryptowerte, nämlich derzeit digitale Schuldverschreibungen und Fondsanteile) – die Sacheigenschaft fingiert.

Erst diese Fiktion ermöglicht es, für Kryptowertpapiere die zentralen dinglichen, deliktischen und bereicherungsrechtlichen Eigentums- und Besitzschutzansprüche (z. B. aus §§ 812 Abs. 1, 823 Abs. 1, 858 ff., 985 BGB) zu eröffnen. Der deutsche und europäische Gesetzgeber sehen auf den Kryptomärkten vor allem in aufsichtsrechtlicher Hinsicht Handlungsbedarf und sind gezwungen, den Marktentwicklungen regulatorisch hinterher zu eilen.

Hierfür richten sie konkrete Vorgaben an die jeweilig beteiligten Kryptoakteure und -intermediäre und stellen Geschäfte und die Erbringung von Dienstleistungen mit Kryptowerten unter den Vorbehalt behördlicher Erlaubnis.

Der nationale Aufsichtsrahmen

In einem ersten Schritt hat der deutsche Gesetzgeber 2020 Kryptowerte als Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 Kreditwesengesetz (KWG) ausgewiesen. Kryptowerte werden dabei definiert als „digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann“ (§ 1 Abs. 11 S. 4 KWG).

Aus dieser Einordnung von Kryptowerten als Finanzinstrumenten folgt grundsätzlich: Wer für andere gewerbsmäßig Geschäfte mit Bezug zu Finanzinstrumenten betreibt (z. B. die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Kryptowerten – Anlagevermittlung), erbringt regelmäßig Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a KWG und bedarf hierfür einer Erlaubnis der BaFin. Wer ohne Erlaubnis handelt, macht sich strafbar. Dasselbe gilt für die Erbringung des gesondert geregelten Kryptoverwahrgeschäfts (§ 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG), also für denjenigen, der die sog. Wallets zur Verfügung stellt, in denen Kryptowerte oder kryptografische Schlüssel verwahrt, verwaltet und gesichert werden.

Bitcoin – Kryptowert, oder?

Schon an diesem überschaubaren Aufsichtsrahmen zeigt sich, welch kurze Halbwertszeit rechtliche Regelungen rund um Kryptowerte haben können. Gerade die Einordnung von Bitcoin als Kryptowert im Sinne des KWG ist inzwischen zweifelhaft geworden.

BaFin: Bitcoin ist Finanzinstrument

Seit Juni 2021 ist Bitcoin in El Salvador als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt, sodass ein zentraler Definitionsbestandteil des § 1 Abs. 11 S. 4 KWG („nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt“) seitdem jedenfalls infrage gestellt werden kann. Bitcoin ist damit aber nicht von heute auf morgen durch das Raster der Aufsichtsbehörden gefallen.

Denn die BaFin ordnet Bitcoin jedenfalls als sog. Rechnungseinheit und damit ebenfalls als Finanzinstrument ein (§ 1 Abs. 11 Nr. 7 KWG) – so bleibt es aus verwaltungsrechtlicher Perspektive bei der Erlaubnispflicht von gewerbsmäßigen Geschäften mit Bitcoin, nur eben nicht unter der Flagge von Kryptowerten.

Strafrecht: Bitcoin keine Rechnungseinheit

Dass man das auch vollkommen anders sehen kann, nämlich aus der Perspektive des Strafrechts, zeigt eine Entscheidung des Kammergerichts in Berlin (Urt. v. 25.9.2018 – [4] 161 Ss 28/18 [35/18], NJW 2018, 3734). Angeklagt war der Betreiber einer Bitcoin-Plattform, der nicht über eine BaFin-Erlaubnis verfügte.

Das Kammergericht hat den Freispruch bestätigt, ausdrücklich festgehalten, dass Bitcoin keine Rechnungseinheiten seien und der BaFin vorgeworfen, mit ihrer Einschätzung zu verkennen, „dass es nicht Aufgabe der Bundesbehörden ist, rechtsgestaltend (insbesondere) in Strafgesetze einzugreifen“. Dieses strafrechtliche Judiz hindert die BaFin aber nicht daran, an der eigenen verwaltungsrechtlichen Praxis festzuhalten. Um hier dauerhaft für Rechtssicherheit zu sorgen, könnte der deutsche Gesetzgeber die Kryptowerte-Definition nachschärfen.

MiCAR – Markets in Crypto-Assets Regulation

Auf europäischer Ebene wird derweil der aufsichtsrechtliche Rahmen rund um den Handel von bzw. die Investition in Kryptowerte von der EU für die Mitgliedsstaaten zukünftig durch die EU-Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto-Assets Regulation – MiCAR) (1) in weiten Teilen vorgegeben. Im April 2023 hat das EU-Parlament den Verordnungsvorschlag angenommen, im Mai 2023 hat der EU-Ministerrat die endgültige Fassung gebilligt. Am 9. Juni 2023 ist die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt erfolgt, 20 Tage später – am 29. Juni 2023 – tritt die MiCAR in Kraft.

Ziel der als EU-Verordnung in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar geltenden MiCAR ist es, Geschäfte rund um Kryptowerte unionsweit einheitlich zu regeln. So soll einerseits ein fairer Wettbewerb unter Emittenten von Kryptowerten und Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen ermöglicht werden, etwa durch die Gewährleistung von Chancengleichheit beim Markteintritt. Andererseits soll die Vorgabe eines klaren und unionsweit einheitlichen Rechtsrahmens den Verbraucher- und Kleinanlegerschutz stärken und damit mittelbar für Finanzmarktintegrität sorgen (Erwägungsgründe 4-6 MiCAR).

Hierzu etabliert die MiCAR neue Pflichten für Kryptowertemittenten und -dienstleister und schafft – wie insbesondere aus dem Wertpapierrecht bekannt – Vorschriften, die Insiderhandel und Marktmissbrauch verhindern sollen.

Die Vorgaben der MiCAR gelten für natürliche und juristische Personen, die in der EU mit der Ausgabe, dem öffentlichen Angebot und der Zulassung zum Handel von Kryptowerten befasst sind oder die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten erbringen (Art. 2 Abs. 1 MiCAR).

Dreh- und Angelpunkt der MiCAR ist damit – wie auch schon unter der rudimentären Regulierung im KWG – der Begriff des Kryptowerts. Die MiCAR fasst diesen aber deutlich weiter und versteht hierunter „eine digitale Darstellung eines Werts oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann“ (Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 MiCAR). Auf den Aspekt des „gesetzlichen Status einer Währung“, der bislang nicht nur im deutschen KWG für Ungereimtheit gesorgt hat, sondern sich auch in der sog. Fünften EU-Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/843) findet, kommt es nicht mehr an. Damit unterfallen auch Bitcoin der MiCAR als Kryptowerte.

NFT – wann sind „non-fungible“ Token „fungible“?

Weniger klar ist, bis zu welchen Grenzen NFT vom Geltungsbereich der MiCAR umfasst sind. Zwar nimmt Art. 2 Abs. 3 MiCAR NFT – nämlich Kryptowerte, die einmalig und nicht mit anderen Kryptowerten fungibel sind – ausdrücklich vom Anwendungsbereich der MiCAR aus.

Weitere Informationen

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. April 2023 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937. (COM(2020)0593 – C9-0306/2020 – 2020/0265(COD)). ↪ Europäisches Parlament (pdf).

An den Merkmalen „einmalig und nicht fungibel“ zeigt sich aber, dass es für die Frage der MiCAR-Anwendbarkeit letztlich um das Überschreiten von tatbestandlichen Schwellen geht: Ist ein Kryptowert dann fungibel – und damit kein NFT mehr, sodass die MiCAR anwendbar ist – wenn er in einer großen Serie oder Sammlung ausgegeben oder dem Anschein nach als einmalig und nicht fungibel bezeichnet wird, de-facto aber fungibel und nicht einmalig ist (Erwägungsgrund 11 MiCAR)?

Hier sind die Aufsichtsbehörden aufgerufen, mit Blick auf einzelne (vermeintliche) NFT eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zu wählen und die Merkmale des jeweiligen Kryptowerts (und nicht die Ausweisung durch den Emittenten) in den Vordergrund zu stellen – mit dem möglichen Ergebnis, dass vermeintliche NFT im Ergebnis doch der MiCAR unterfallen.

Anwaltliche Beratung zur Kryptoregulierung

Gerade die Neuerungen unter der MiCAR stellt die Kryptomarktteilnehmer vor enorme Herausforderungen. Mit dem Inkrafttreten der MiCAR beginnt eine 12- bzw. 18-monatige Übergangszeit. In dieser haben sich insbesondere solche regulierten Unternehmen, die bereits vor dem Inkrafttreten der MiCAR eine KWG-Erlaubnis zum Betreiben von Geschäften mit Kryptobezug innehatten, an die MiCAR-Vorgaben anzupassen.

Die Dynamik der Kryptomärkte dürfte unter der MiCAR zwar eingehegt werden, aber kaum ganz abnehmen. Gleichzeitig wächst mit zunehmender Regulierung der Kryptomärkte und kryptobezogener Geschäftsmodelle auch der Bedarf an hierzu erforderlicher anwaltlicher Beratung. Auch (und gerade) in Zukunft stellen sich am Kryptomarkt damit spannende Rechtsfragen, zu denen Emittenten und Dienstleister im Gleichschritt mit technischem und rechtlichem Fortschritt beraten werden müssen.

Dieser Artikel erschien zuerst im mylawguide 2023, dem Karrierehandbuch für Juristinnen und Juristen.

Dr.-Anna-L.-Izzo-Wagner
Autorin
Dr. Anna Izzo-Wagner

Dr. Anna Izzo-Wagner, LL.M. Eur. ist Gründungspartnerin der Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Sie leitet den Auf- und Ausbau des Frankfurter Büros als vierten Annerton-Standort. Die ausgewiesene Expertin für Bankaufsichts- und Investmentrecht sowie Compliance verfügt über tiefe Kenntnisse bei der regulatorischen Beratung von Bank- und Finanzdienstleistungsinstituten sowie FinTech-Unternehmen. Neben der fortlaufenden Beratung von Instituten und Unternehmen in allen aufsichtsrechtlichen Fragestellungen und dem Investmentaufsichtsrecht gehören insbesondere auch Digitalisierungsprojekte von Instituten zu ihrem Beratungsspektrum. Dr. Anna Izzo-Wagner ist regelmäßig Referentin bei Fachvorträgen und Veranstaltungen im Finanzumfeld.

Anh-Vu-Tran
Autor
Anh-Vu Tran

Anh-Vu Tran ist Partner der Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Als Rechtsanwalt und Steuerberater ist er auf die umfassende Beratung von Kapitalverwaltungsgesellschaften, Asset Managern und institutionellen Anlegern insbesondere bei der Kapitalanlage spezialisiert. Aus seiner vorherigen Tätigkeit für eine Big4-Rechtsanwaltsgesellschaft, internationale Großkanzleien und eine große deutsche Full Service-KVG verfügt er über umfangreiche Kenntnisse im Kapitalmarktrecht und ist mit der Mandanten- als auch Beraterperspektive vertraut.