§ 120 BGB – Anfechtbarkeit wegen falscher Übermittlung, Schema, Erklärung, Beispiel
§ 120 BGB regelt die Anfechtbarkeit von Willenserklärungen, die durch fehlerhafte Übermittlung verändert wurden. BGB einfach erklärt – Gesetz, Erklärung, Prüfungsschema
§ 120 BGB – Anfechtbarkeit wegen falscher Übermittlung
§ 120 BGB regelt die Anfechtbarkeit von Willenserklärungen, die durch einen eingesetzten Erklärungsboten fehlerhaft übermittelt wurden. Dabei wird ein Übermittlungsfehler rechtlich wie ein Erklärungsirrtum behandelt, da der tatsächliche Wille des Erklärenden nicht korrekt beim Empfänger ankommt. Diese Vorschrift schützt den Erklärenden in Situationen, in denen er unbewusst eine unrichtige Erklärung übermitteln lässt.
Wichtig: § 120 BGB bezieht sich nicht auf den Fall des falsch erklärenden Vertreters. Da der Vertreter eine eigenständige Willenserklärung abgibt, ist diese eigenständig gemäß § 119 BGB anfechtbar.
§ 120 BGB – Gesetzestext
Eine Willenserklärung, die durch einen zur Übermittlung eingesetzten Boten unrichtig übermittelt worden ist, kann unter denselben Voraussetzungen angefochten werden wie eine nach § 119 anfechtbare Willenserklärung.
§ 120 BGB – Erklärung
§ 120 BGB erweitert die Anfechtungsmöglichkeiten auf Fälle, in denen eine Willenserklärung durch einen Boten oder eine technische Übermittlung unrichtig übermittelt wurde.
Dies betrifft Situationen, in denen der Erklärende einen Boten oder ein technisches Mittel zur Übermittlung seiner Erklärung einsetzt, und dabei die Erklärung unbewusst inhaltlich verändert beim Empfänger ankommt, beispielsweise durch Verhörer oder Tippfehler. In solchen Fällen kann der Erklärende die Erklärung anfechten. Die falsche Übermittlung wird dabei rechtlich wie ein Erklärungsirrtum behandelt, da der Wille des Erklärenden im Übermittlungsfehler falsch zum Ausdruck gekommen ist.
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§ 120 BGB – Beispiel
Tim beauftragt seine Schwester, seinem Freund auszurichten, dass er bereit ist, dessen Fahrrad für 500 € zu kaufen. Seine Schwester übermittelt jedoch versehentlich den Betrag als 50 €. Als der Freund dieses Angebot für 50 € annimmt, erkennt Tim den Übermittlungsfehler.
Tim kann seine Willenserklärung gemäß § 120 BGB anfechten, da die Erklärung durch die fehlerhafte Übermittlung inhaltlich verändert wurde. Der Übermittlungsfehler wird rechtlich wie ein Erklärungsirrtum behandelt, da Tims ursprünglicher Wille in der falschen Betragsangabe nicht korrekt ausgedrückt wurde.
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§ 120 BGB – Schema
Prüfungsschema zur Anfechtung wegen eines Übermittlungsirrtums nach § 120 BGB
Vorliegen einer anfechtbaren Willenserklärung
Zunächst wird geprüft, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt. Diese Willenserklärung muss durch einen Boten – sei es eine Person oder ein technisches System (z. B. eine Software) – übermittelt worden sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Bote vom Erklärenden bewusst eingesetzt wurde oder ein technisches Hilfsmittel unbewusst die Übermittlung vorgenommen hat.
Beispiel: Ein Geschäftspartner beauftragt seinen Assistenten, ein Angebot in Höhe von 10.000 € an einen Kunden zu übermitteln. Der Assistent übermittelt jedoch versehentlich ein Angebot in Höhe von 100.000 €. Hier liegt eine Willenserklärung vor, die übermittelt wurde.
Anfechtungsgrund: Übermittlungsirrtum (§ 120 BGB)
Ein Übermittlungsirrtum liegt vor, wenn die Erklärung beim Empfänger anders ankommt, als sie vom Erklärenden gemeint war. Dies kann durch fehlerhafte Kommunikation des Boten oder durch technische Probleme verursacht werden. Entscheidend ist, dass die Abweichung unbewusst geschieht und der Wille des Erklärenden dadurch falsch zum Ausdruck kommt.
Beispiel: Der Assistent gibt das Angebot aufgrund eines Missverständnisses mit der falschen Summe weiter. Der Geschäftspartner wollte jedoch nur 10.000 € anbieten. Der Irrtum liegt hier in der fehlerhaften Übermittlung durch den Assistenten.
Kausalität des Irrtums für die Willenserklärung
Es muss geprüft werden, ob der Übermittlungsfehler ursächlich für die übermittelte Willenserklärung war. Das bedeutet, dass der Erklärende die Erklärung in dieser Form nicht abgegeben hätte, wenn er den Fehler gekannt hätte.
Beispiel: Der Geschäftspartner hätte das Angebot in Höhe von 100.000 € niemals so abgegeben, wenn er von dem Fehler gewusst hätte. Der Übermittlungsfehler ist also ursächlich für die falsche Willenserklärung.
Abgabe einer Anfechtungserklärung (§ 143 BGB)
Zudem muss eine Anfechtungserklärung vorliegen. Eine Anfechtungserklärung ist jede Willenserkläruing, die erkennen lässt, dass ein bestimmtes Rechtsgeschäft rückwirkend aufgehoben werden soll. Der Anfechtende muss dem Empfänger mitteilen, dass er die Willenserklärung wegen eines Übermittlungsirrtums anficht, wobei der Wille zur Anfechtung zum Ausdruck kommen muss.
Beispiel: Der Geschäftspartner teilt dem Kunden mit: „Ich habe das Angebot über 100.000 € nicht so gewollt, es wurde durch einen Übermittlungsfehler falsch weitergegeben. Ich fechte daher meine Erklärung an.“ Damit wird die Anfechtung wirksam erklärt.
Einhaltung der Anfechtungsfrist (§ 121 BGB)
Die Anfechtung muss unverzüglich erfolgen. „Unverzüglich“ bedeutet hier ohne schuldhaftes Zögern, also sobald der Anfechtungsberechtigte von dem Irrtum Kenntnis erlangt hat. Eine kurze Prüfungs- oder Überlegungszeit ist erlaubt, darf jedoch nicht unangemessen lang dauern.
Beispiel: Der Geschäftspartner erfährt am nächsten Tag, dass sein Assistent das Angebot mit der falschen Summe übermittelt hat, und erklärt noch am selben Tag die Anfechtung. Dies geschieht ohne schuldhaftes Zögern, sodass die Frist eingehalten wird.
Rechtsfolgen der Anfechtung
a) Nichtigkeit der Willenserklärung (§ 142 Abs. 1 BGB):
Wenn die Anfechtung wirksam ist, wird die fehlerhafte Willenserklärung als von Anfang an (ex tunc) unwirksam behandelt. Ein Vertrag, der auf der fehlerhaften Erklärung beruht, kommt nicht zustande.
Beispiel: Das Angebot über 100.000 € ist nichtig. Es besteht kein Anspruch auf Lieferung oder Annahme des Angebots.
b) Schadensersatzpflicht (§ 122 BGB):
Falls der Empfänger der Erklärung gutgläubig auf deren Gültigkeit vertraut hat, kann er Ersatz für seinen Vertrauensschaden verlangen. Dies gilt jedoch nur bis zur Höhe des ursprünglichen hypothetischen Vertragswertes.
Beispiel: Der Kunde hat auf das Angebot über 100.000 € vertraut und eventuell Zeit oder Geld für Verhandlungen investiert. Er könnte einen Ersatz für diesen Aufwand fordern, jedoch nur bis maximal 10.000 € (den ursprünglich gewollten Betrag).
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Klausurrelevante Themen für Jurastudierende haben wir unter dem Schlagwort „Jura Prüfungsthemen“ für euch gebündelt.
§ 120 BGB – Konkreter Fall
Falsche Preisangabe durch Softwarefehler im Online-Shop
(OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.11.2002 – AZ. 9 U 94/02) Urteil
Sachverhalt
Ein Online-Händler bot auf seiner Website Computer und Zubehör an. Aufgrund eines Softwarefehlers wurden die Preise für bestimmte Produkte fälschlicherweise um zwei Dezimalstellen verschoben, sodass unter anderem ein Computer statt für 6.550,86 DM für 65,51 DM angeboten wurde. Ein Kunde bestellte mehrere dieser Produkte zu den offensichtlich falschen Preisen und erhielt automatische Bestellbestätigungen. Am folgenden Tag informierte der Händler den Kunden über den Preisfehler und erklärte die Anfechtung der Willenserklärung wegen eines Übermittlungsirrtums gemäß § 120 BGB. Der Kunde bestand jedoch auf die Lieferung zu den angegebenen Preisen und klagte auf Erfüllung des Kaufvertrags.
Entscheidung des OLG Frankfurt am Main
Das Gericht entschied zugunsten des Händlers und bestätigte die Wirksamkeit der Anfechtung nach § 120 BGB. Es stellte fest, dass die falschen Preisangaben auf einen durch fehlerhafte Software verursachten Übermittlungsfehler zurückzuführen waren. Da die Willenserklärung des Händlers unbewusst unrichtig übermittelt wurde, war eine Anfechtung gemäß § 120 BGB gerechtfertigt. Der Kaufvertrag wurde somit als von Anfang an nichtig angesehen, und der Kunde hatte keinen Anspruch auf Lieferung zu den fehlerhaft angegebenen Preisen.
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