Private Equity Law und die Golden Gate Bridge

Konstantin Richter berichtet von seiner Wahlstation in San Francisco: Die Überwindung des U.S. Travel Bans und juristische Einblicke ins amerikanische Rechts- und Venture Capital System.

Meine Wahlstation bei Kirkland & Ellis in San Francisco

Ich habe Januar bis März 2022 als Rechtsreferendar im San Francisco Office von Kirkland & Ellis verbracht und möchte allen, die sich für eine Auslandsstation interessieren, meine ganz persönlichen Erfahrungen zur Vorbereitung und zum Ablauf der Wahlstation schildern.

Flashback #1: Ich wache morgens mit der Sonne zum ersten Mal in meinem Leben in San Francisco auf, nachdem mich der Lufthansa Flieger nach 11,5 Stunden Flug gestern spätnachts am San Francisco International Airport abgesetzt hat. Dank Feiertag liegt ein verlängertes Wochenende vor mir. Recht ungläubig staune ich über die hohen Gebäude (das legt sich nach einer Woche), schnappe mir ein Uber und fahre direkt wieder zurück zum Flughafen. Dort erfülle ich mir einen lang gehegten Wunsch, miete einen Ford Mustang, verbinde mein Handy … und dann fahre ich einfach los. Ohne besonderen Plan geht es die kalifornische Küste entlang, bis zu den Cafés und Sandstränden von Los Angeles.

Der Gegensatz zu den vielen stillen Monaten des konzentrierten Lernens während der Examensvorbereitung hätte nicht größer sein können – aber genau dieser Gegensatz hat mich so begeistert und diese Erinnerung fest in mein Gedächtnis eingebrannt.

Vor meiner Reise nach San Francisco hatte ich bereits im Rahmen des Referendariats meine Anwaltsstation im Münchner Büro von Kirkland & Ellis absolviert. Schon in deren Verlauf wurden die bürokratischen Herausforderungen für die Wahlstation aufgrund des U.S. Travel Bans immer größer.

Schließlich sagten auch sehr etablierte Institutionen wie etwa das Auswärtige Amt die Wahlstation in den USA für Referendar:innen endgültig ab. Trotz dieser zusehends schwierigen Lage hielt die Kanzlei an der Unterstützung meiner Wahlstation fest und zu meiner Erleichterung wurde dann tatsächlich ein paar Wochen vor Beginn der Wahlstation der Travel Ban aufgehoben.

Ich erinnere mich, dass ich es gemeinsam mit dem Team von Kirkland & Ellis mit Eilanträgen und Terminvergleich bei mehreren U.S. Konsulaten gerade noch rechtzeitig geschafft habe, das U.S. Visum zu erhalten.

Benötigt wird ein „J-1 Trainee Visa“. Hierfür muss man u.a. einen individuellen Arbeitsplan des aufnehmenden amerikanischen Unternehmens für die Zeit in den USA vorlegen, bestimmte Versicherungen nachweisen sowie einen Identitätscheck per Videocall durchlaufen. Bei all dem konnte ich mich auf die uneingeschränkte Unterstützung meines Arbeitgebers verlassen – dafür bin und bleibe ich sehr dankbar.

Flashback #2: Ich erhalte im Foyer des „555 California Street“ Gebäudes meine Key Card und fahre mit dem Aufzug in den 30. Stock, um erstmals mein neues Büro in San Francisco zu beziehen. Bereits zuvor habe ich vom Human Resources Team einen detaillierten Onboarding Plan erhalten, der den weiteren Verlauf des Tages bestimmt: Begrüßung, Hausführung, technische Einrichtung des Büros, Vorstellungsrunde bei den Kolleg:innen.

Dazwischen Kaffeepausen und Mittagessen im kanzleieigenen Lounge-Bereich mit Blick auf die Bay, d.h. etwa die Golden Gate Bridge und die ehemalige Gefängnisinsel Alcatraz. Hier im 30. Stock werde ich nun die nächsten Monate arbeiten!

Meine tägliche Arbeit gestaltete sich als Mischung aus Beteiligung an den amerikanischen Deal Teams mit typischen M&A Transaktionsmandaten und der Unterstützung des Münchner Offices. Letzteres wurde nie verlangt, erschien mir aber selbst sehr sinnvoll.

Aufgrund der Zeitverschiebung von neun Stunden konnte ich problemlos eilige Aufträge als „Nachtschicht“ übernehmen. Neben dem „Sprung in das kalte Wasser“ bezogen auf das amerikanische Recht hatte ich so den Bezug zum vertrauten deutschen Rechtssystem. Auf meinen Wunsch hin wurde ich auch noch einem Venture Capital Mandat zugeteilt. Hierbei habe ich mich mit der juristischen Durchführung einer Series C Finanzierungsrunde beschäftigt – also Silicon Valley Luft geatmet.

Ich kann Interessierten eine basierend auf meinen Erfahrungen eine Auslandswahlstation wirklich sehr empfehlen – gerade auch bei Kirkland & Ellis. Neben den exklusiven juristischen Einblicken reist man gewissermaßen mit einem „Track Record“ an erinnerungswürdigen Erlebnissen und gemeisterten Hürden zurück – ein Vorteil, den man für das spätere Leben kaum hoch genug schätzen kann.

Voraussetzung ist allerdings die Bereitschaft, sehr aktiv und neugierig auf diese neue Phase des Lebens im Ausland zuzugehen, sich bei der Arbeit einzubringen und schnell neue Bekanntschaften zu machen. Dann wird die Auslands-Wahlstation eine unvergesslich bereichernde und schöne Erfahrung!

Konstantin Richter
Autor
Konstantin Richter

Konstantin Richter Ist Volljurist. Er hat Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert und war als Rechtsreferendar beim Freistaat Bayern und bei Kirkland & Ellis tätig.