
VSD – Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, Schema & Beispiel
SEGL rückwärts – Die Eselsbrücke für den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD). Voraussetzungen und Bedeutung dieses Ausnahmekonzepts.

Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD) – Schema
In der juristischen Ausbildung begegnet man häufig dem Konzept des „Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ (kurz: VSD), einer Ausnahme zum Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse. Doch was bedeutet das konkret, und welche Voraussetzungen hat der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter? In diesem Beitrag erklären wir dir ein einfaches Schema und eine Eselsbrücke, mit denen du dir die Voraussetzungen des VSD einfach merken kannst.
Der Grundsatz: Relativität der Schuldverhältnisse
Der Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse besagt, dass ein Schuldverhältnis nur zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner gilt. Das bedeutet, dass Rechte und Pflichten grundsätzlich nur zwischen den direkten Vertragsparteien bestehen – Dritte sind in der Regel davon ausgeschlossen.
Die Ausnahme: Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD)
Ein „Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ bezieht einen Dritten in die Sorgfalts- und Schutzpflichten der Vertragsparteien ein, ohne dass ihm die Hauptleistung zusteht. Der Dritte hat also keinen Anspruch auf die Leistung selbst, kann jedoch bei einer Verletzung der Schutz- und Sorgfaltspflichten eigene Schadensersatzansprüche geltend machen.

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Die dogmatischen Grundlagen des VSD
Da der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gesetzlich nicht explizit geregelt ist, stützt sich seine Anerkennung in der Praxis auf verschiedene dogmatische Ansätze aus Rechtsprechung und Literatur. Die Voraussetzungen sind jedoch fest etabliert und weitgehend anerkannt.
Das Schema: SEGL rückwärts
Um sich die Voraussetzungen des VSD einzuprägen, gibt es ein einfaches Schema: „SEGL – rückwärts“. Warum rückwärts? Weil die Merkmale in dieser Reihenfolge leichter verständlich sind:
- Leistungsnähe des Dritten: Der Dritte muss in einer solchen Nähe zur vertraglichen Leistung stehen, dass er von den Schutzpflichten profitieren kann. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Dritte mit der Leistung aus dem Vertrag bestimmungsgemäß in Berührung kommt.
- Gläubigernähe: Der Gläubiger muss ein Interesse daran haben, den Dritten in seinem Vertrag mit dem Schuldner einzubeziehen. Dies ist der Fall, wenn der Vertrag dahingehend ausgelegt werden kann, dass ein besonderes Schutzinteresse besteht.
- Erkennbarkeit: Für den Schuldner muss die Nähe des Dritten sowohl zur Leistung als auch zum Schutzinteresse des Gläubigers erkennbar sein.
- Schutzbedürfnis des Dritten: Der Dritte ist dann schutzbedürftig, wenn ihm keine gleichwertigen vertraglichen Ansprüche gegenüber einer anderen Person zustehen.
Merke dir: SEGL rückwärts ist einfacher!
L – Leistungsnähe (des Dritten)
G – Gläubigernähe
E – Erkennbarkeit (von Leistungs- und Gläubigernähe für den Schuldner)
S – Schutzbedürfnis (des Dritten)
Diese Eselsbrücke hilft dir dabei, die Voraussetzungen für den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD) leicht zu merken.

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Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter – Ein kompakter Überblick
Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD) ist eine wichtige Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsrelativität. Er ermöglicht es, Dritte in den Schutzbereich eines Vertrags einzubeziehen, ohne dass diese selbst Vertragspartei sind. Der VSD wurde aus der Rechtsprechung entwickelt, um Schutzlücken des Deliktsrechts zu schließen. Klassische Anwendungsfälle sind Kauf-, Miet- oder Dienstleistungsverträge, bei denen nahestehende Personen von der vertraglichen Leistung betroffen sind.
Rechtsgrundlagen und Herleitung
Die dogmatische Herleitung des VSD ist umstritten. Die Mehrheit der juristischen Literatur und Rechtsprechung vertritt die Auffassung, dass sich der Drittschutz aus einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB ergibt. Alternativ wird eine Herleitung über § 242 BGB (Treu und Glauben) oder über die Schutzpflichten des Schuldrechtsreformgesetzes (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB) diskutiert. Entscheidend ist, dass der VSD keine eigene Anspruchsgrundlage schafft, sondern sich aus einem bestehenden Vertrag ableitet.
Voraussetzungen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Damit ein Dritter in den Schutzbereich eines Vertrags einbezogen wird, müssen folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
1. Bestehendes Schuldverhältnis
Ein VSD setzt ein gültiges Vertragsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner voraus. Die Schutzwirkung „hängt“ sich an dieses Grundschuldverhältnis an.
2. Leistungsnähe des Dritten
Der Dritte muss bestimmungsgemäß mit der Leistung des Schuldners in Berührung kommen und denselben Risiken ausgesetzt sein wie der Gläubiger. Reine Zufallskontakte genügen nicht.
3. Gläubigerinteresse an der Einbeziehung
Der Gläubiger muss ein erkennbares Interesse daran haben, den Dritten in den Schutzbereich einzubeziehen. Typische Fälle sind Familienangehörige, Arbeitnehmer oder Personen, die der Gläubiger in die Leistungserbringung einbezieht.
4. Erkennbarkeit für den Schuldner
Der Schuldner muss vorhersehen können, dass ein Dritter in den Schutzbereich fällt. Die genaue Identität des Dritten muss nicht bekannt sein, wohl aber der betroffene Personenkreis.
5. Schutzbedürftigkeit des Dritten
Ein Dritter ist nur dann schutzbedürftig, wenn er keine eigenen gleichwertigen vertraglichen Ansprüche gegen den Schuldner hat.
Rechtsfolgen: Welche Ansprüche hat der Dritte?
Wird der Dritte in den Vertragsschutz einbezogen, kann er im Schadensfall Schadensersatzansprüche geltend machen. Die wichtigsten Rechtsfolgen sind:
- Haftung des Schuldners: Der Schuldner haftet dem Dritten wie dem Gläubiger selbst.
- Einwendungen und Einreden: Der Schuldner kann dem Dritten alle vertraglichen Einwendungen entgegenhalten, die auch gegen den Gläubiger bestehen (§ 334 BGB analog).
- Mitverschulden: Das Mitverschulden des Dritten oder Gläubigers führt zu einer Anspruchskürzung (§ 254 BGB).
- Verjährung: Die Verjährungsfrist richtet sich nach dem Hauptschuldverhältnis.
Wichtige BGH-Urteile zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat den VSD über Jahrzehnte geprägt. Einige der wichtigsten Entscheidungen sind:
- BGH, Urt. v. 22.01.1968 – VIII ZR 195/65 (BGHZ 49, 350): Einbeziehung Dritter nur bei bestimmungsgemäßer Leistungsnähe.
- BGH, Urt. v. 09.10.1968 – VIII ZR 173/66 (BGHZ 51, 91): Einschränkung der Schutzwirkung auf Personen mit besonderem Näheverhältnis zum Gläubiger.
- BGH, Urt. v. 28.01.1976 – VIII ZR 246/74 (BGHZ 66, 51) – „Salatblatt-Fall“: Vertragsrechtliche Schutzwirkung für Kinder von Einkäufern in Selbstbedienungsläden.
Fazit: Relevanz des VSD für das Jurastudium
Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist eine zentrale Figur des Vertragsrechts und fester Bestandteil juristischer Klausuren. Er zeigt, wie richterliche Rechtsfortbildung Schutzlücken des Deliktsrechts ausgleichen kann. Für Studierende ist es wichtig, die Voraussetzungen und Abgrenzungen (insbesondere zur Drittschadensliquidation und culpa in contrahendo) sicher zu beherrschen.

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