Das Menschenrecht auf Wasser – Soziales Gut oder wirtschaftliche Ressource?

Das Spannungsverhältnis zwischen Menschenrechtsschutz und Investitionsschutz

Das Menschenrecht auf Wasser

Ein Menschenrecht auf Wasser ist in keinem der menschenrechtlichen vertraglichen Regelungswerke niedergeschrieben oder explizit genannt. Dennoch wird es weltweit als existent angesehen und ist mittlerweile international anerkannt.

Dies zeigt sich sowohl in den Entscheidungen regionaler Menschenrechtsgerichtshöfe als auch in der allgemeinen Empfehlung des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (General Comment No.15), in welcher dieser ein Menschenrecht auf Wasser aus dem Recht auf einen angemessenen Lebensstandard und dem Recht auf Gesundheit ableitet und konkretisiert.

Danach umfasst ein Menschenrecht auf Wasser inhaltlich nicht nur die ausreichende Trinkwasserversorgung, sondern auch eine sanitäre Ausstattung sowie eine Verfügbarkeit von Wasser für den privaten und häuslichen Gebrauch.

Die ausreichende Verfügbarkeitsmenge von Wasser, die Wasserqualität und der Zugang zu Wasserquellen im Sinne einer örtlichen und wirtschaftlichen Erreichbarkeit wird also geschützt. Auf dieser Basis sind die Mitgliedsstaaten des UN-Sozialpaktes im Kern verpflichtet, Mindeststandards im Hinblick auf die Wasserversorgung zu garantieren und auch besonderen Achtungs-, Schutz- und Erfüllungspflichten gerecht zu werden.

Problematik durch Ökonomisierung

Als problematisch hat sich in der Vergangenheit jedoch erwiesen, dass es sich bei Wasser nicht nur um ein lebensnotwendiges Menschenrecht handelt, sondern auch um eine ökonomische Ressource und lukrative Investitionsmöglichkeit. Hierbei steigt die Attraktivität von Wasser als Ware durch die zunehmende weltweite Wasserknappheit, die, abgesehen von einer generell begrenzten Süßwasserverfügbarkeit, ihren Grund vor allem im Klimawandel und einer immer stärkeren Wasserverschmutzung hat.

Die mit dieser Knappheit einhergehenden vermehrte Nachfrage steigert die Gewinnerzielungsmöglichkeiten mit der Ressource Wasser.

Als anschaulichstes und bekanntestes mediales Beispiel für Angebot und Nachfrage in Bezug auf Trinkwasser dient die Nutzung natürlicher Wasserquellen in Entwicklungsländern, um Flaschenwasser abzufüllen, welches dann exportiert und als Luxusgut zu einem hohen Preis verkauft wird. Gefährdet wird die Einhaltung des Menschenrechts auf Wasser daher durch seine zunehmende Ökonomisierung.

Einerseits ist ein funktionierendes Wirtschaftssystem für Staaten, deren Entwicklung und den Wohlstand der Weltbevölkerung von grundlegender Bedeutung, andererseits darf jedoch die Signifikanz von Wasser als grundlegendes Menschenrecht nicht aus den Augen verloren werden.

Privatisierung der Wasserversorgung

Zur Lösung der weltweiten Wasserkrise erhoffte man sich durch die Privatisierung der Wasserversorgung eine quantitative und qualitative Verbesserung des Versorgungssystems, da private Betriebe mit weitreichendem Know-how und ihrer Managementerfahrung regelmäßig effizienter arbeiten als öffentliche Versorgungssysteme.

Mit der Privatisierung sollte eine vorteilhafte Lösung für die Wasserversorgung der Bevölkerung geschaffen werden, welche die Staaten mangels finanzieller und technischer Möglichkeiten nicht selbst erbringen konnten.  

Insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern bestand aufgrund von miserablen Versorgungszuständen ein Verbesserungsbedarf und daher erfolgten dort Investitionen durch ausländische, private Investoren, welche von der Weltbank gefördert wurden.

Zusammenstoß von Investorenschutz und Menschenrechten

Hierdurch trafen das Menschenrecht auf eine ausreichende und erschwingliche Wasserversorgung mit dem Investorenschutz aufeinander. Einige der Privatisierungsvorhaben scheiterten aufgrund dieser Kollision und mussten rückabgewickelt werden, was zu Investitionsschiedsverfahren der Investoren gegen die Gaststaaten führte.

Schwierig war hierbei die Frage, inwiefern das Wasserrecht im Rahmen dieser Verfahren Berücksichtigung finden kann, da das Investitionsschutzrecht maßgeblich auf den Schutz von Investoren ausgerichtet ist. Eine Analyse ehemaliger Schiedssprüche zeigt, dass Schiedsgerichte mit der Berücksichtigung menschenrechtlicher Belange vorsichtig waren und keinen einheitlichen Umgang damit fanden.

Für eine effektive Gewährleistung des Menschenrechts auf Wasser ist eine Zusammenschau von Menschenrechtsschutz und Investitionsschutz erforderlich.

Es ist dabei nicht sinnvoll, die Wasserprivatisierung und den Investitionsschutz zum Feindbild des Menschenrechtsschutzes zu machen. Eine Lösung findet sich vielmehr in einer einheitlichen Betrachtung durch den Versuch, beide Rechtsgebiete in Einklang zu bringen.

Lösungsansätze für die Einbindung des Wasserrechts in das Investitionsregime

Insofern sind zwei Lösungsansätze denkbar, welche das Wasserrecht in das Investitionsregime integrieren. Zum einen kann im Wege der Ausgestaltung vertraglicher Abkommen der Schutz dieses Menschenrechts ausdrücklich vorgesehen werden.

Zu beachten ist hierbei, dass nicht nur in den Privatisierungsverträgen zwischen dem Staat und dem Investor entsprechende menschenrechtliche Anforderungen vorgesehen werden müssen. Vielmehr müssen diese nicht völkerrechtlichen Verpflichtungen der Wasserkonzessionen zwischen Staaten und Investoren auch in den bilateralen oder multilateralen Investitionsschutzabkommen auf völkerrechtlicher Ebene flankiert werden, um international durchsetzbar zu sein.

Dementsprechend sollte die vertragliche Verankerung in beiden Regelungswerken erfolgen, damit diese als ineinandergreifender Mechanismus funktionieren. Ein anderer Lösungsansatz ist es, Menschenrechte im Wege der Auslegung durch systematische Integration zu berücksichtigen. Insofern bietet sich die Orientierung an einheitlichen vorformulierten Vorgaben (sog. guidelines) an, um ein gleichmäßiges Vorgehen zu gewährleisten.

Die Rolle des Investitionsschiedsverfahrens bei der Durchsetzung von Menschenrechten

Im Investitionsschiedsverfahren kann eine sinnvolle Durchsetzungsmöglichkeit von Menschenrechten gesehen werden. Während insbesondere das universelle Menschenrechtssystem kein besonders effektives Durchsetzungssystem vorweisen kann, sind Investitionsschiedssprüche international vollstreckbar.

Durch eine Berücksichtigung von menschenrechtlichen Belangen vor Schiedsgerichten kann und sollte deren Schutz daher zusätzlich Rechnung getragen werden. Umgekehrt ist es auch für die langfristige Akzeptanz des Investitionsschutzrechts maßgeblich, dass dieses sich weiter gegenüber anderen völkerrechtlichen Bereichen öffnet und in das gesamte internationale Rechtssystem einbettet.

Die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit sah sich in jüngerer Vergangenheit aufgrund ihrer isolierten Ausgestaltung gegenüber anderen internationalen Abkommen mit einiger Kritik konfrontiert und erlitt daher eine Art Rückschlag.

Sämtliche Lösungsansätze für die Stärkung der Rolle des Staates und die Implementierung von Menschenrechten im Investitionsschiedsverfahren bedeuten deshalb gleichermaßen einen Fortschritt bei der Entschärfung der allgemeinen Debatte über die Akzeptanz des internationalen Investitionsschutzrechts.

Fazit

Abschließend bleibt abzuwarten, wie Schiedsgerichte zukünftig mit wasserrechtlichen Konfrontationen umgehen – sei es aus dem Bereich des Menschenrechts oder des Umweltrechts. Der zugrundeliegende Konflikt bietet ein nicht zu unterschätzendes Potenzial für eine Entwicklung, aus der auf lange Sicht beide Bereiche profitieren können.

Dr. Lara Marie Panosch | Preisträgerin Baker McKenzie Preis 2021
Autorin
Dr. Lara Panosch

Dr. Lara Maria Panosch wurde für ihre rechtswissenschaftliche Dissertation mit dem Baker McKenzie-Preis 2021 ausgezeichnet.

Das Menschenrecht auf Wasser und der Investitionsschutz – FAQs

Ein Menschenrecht auf Wasser ist in keinem der menschenrechtlichen vertraglichen Regelungswerke niedergeschrieben oder explizit genannt. Dennoch wird es weltweit als existent angesehen und ist mittlerweile international anerkannt.

Das Menschenrecht auf Wasser umfasst nicht nur eine ausreichende Trinkwasserversorgung, sondern auch eine sanitäre Ausstattung und eine Verfügbarkeit von Wasser für den privaten und häuslichen Gebrauch. Es schützt die ausreichende Verfügbarkeitsmenge von Wasser, die Wasserqualität und den Zugang zu Wasserquellen im Sinne einer örtlichen und wirtschaftlichen Erreichbarkeit. Mitgliedsstaaten des UN-Sozialpaktes sind verpflichtet, Mindeststandards im Hinblick auf die Wasserversorgung zu garantieren und besonderen Achtungs-, Schutz- und Erfüllungspflichten gerecht zu werden.

Wasser wird aufgrund der zunehmenden weltweiten Wasserknappheit und der damit einhergehenden vermehrten Nachfrage als Ware immer attraktiver. Diese Knappheit steigert die Gewinnerzielungsmöglichkeiten mit dieser Ressource.

Als anschaulichstes und bekanntestes mediales Beispiel für Angebot und Nachfrage in Bezug auf Trinkwasser dient die Nutzung natürlicher Wasserquellen in Entwicklungsländern, um Flaschenwasser abzufüllen, welches dann exportiert und als Luxusgut zu einem hohen Preis verkauft wird. Gefährdet wird die Einhaltung des Menschenrechts auf Wasser daher durch seine zunehmende Ökonomisierung.

Insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern bestand aufgrund von miserablen Versorgungszuständen ein Verbesserungsbedarf und daher erfolgten dort Investitionen durch ausländische, private Investoren. Mit der Privatisierung sollte eine vorteilhafte Lösung für die Wasserversorgung der Bevölkerung geschaffen werden, weil manche Staaten mangels finanzieller und technischer Möglichkeiten nicht in der Lage waren, die Probleme anzugehen.

Für eine effektive Gewährleistung des Menschenrechts auf Wasser ist eine Zusammenschau von Menschenrechtsschutz und Investitionsschutz erforderlich. Es ist dabei nicht sinnvoll, die Wasserprivatisierung und den Investitionsschutz zum Feindbild des Menschenrechtsschutzes zu machen. Eine Lösung findet sich vielmehr durch den Versuch, beide Rechtsgebiete in Einklang zu bringen.

Es müssen nicht nur in den Privatisierungsverträgen zwischen Staat und Investor menschenrechtliche Anforderungen vorgesehen werden. Vielmehr müssen diese nicht völkerrechtlichen Verpflichtungen der Wasserkonzessionen zwischen Staaten und Investoren auch in den bilateralen oder multilateralen Investitionsschutzabkommen auf völkerrechtlicher Ebene flankiert werden, um international durchsetzbar zu sein.

Während insbesondere das universelle Menschenrechtssystem kein besonders effektives Durchsetzungssystem vorweisen kann, sind Investitionsschiedssprüche international vollstreckbar. Menschenrechtliche Belangen können vor Schiedsgerichten berücksichtigt werden. Für die langfristige Akzeptanz des Investitionsschutzrechts ist es maßgeblich, dass dieses sich gegenüber anderen völkerrechtlichen Bereichen öffnet und in das gesamte internationale Rechtssystem einbettet.