Unternehmenskultur: Diverse Teams sind erfolgreicher

Erfolgsfaktor Heterogenität in der Arbeitswelt. Mehreren Studien zufolge sind gemischte Teams erfolgreicher als homogene Arbeitsgruppen und treffen für das Unternehmen bessere Entscheidungen. Es lohnt sich, geschlechtergerecht zu sein.

Dieser Beitrag wurde erstmals am 2. August 2021 veröffentlicht und am 26. August 2023 überarbeitet und aktualisiert.

Stereotype am Arbeitsplatz

Es gibt sie noch immer, die klassischen Jobs für Frauen oder für Männer. Aber in den vergangenen Jahren schlugen immer mehr Frauen Berufswege ein, die früher vor allem männlich dominiert waren – Tischler, Schreiner, Informatiker etc. Genauso wie es langsam immer selbstverständlicher wird, dass Männer ehemals klassische Frauenberufe ergreifen, Stichwort: männliche Erzieher oder Geburtshelfer. 

Firmen profitieren davon, wenn ihre Teams gemischt besetzt sind. Keine reinen Männerteams, keine reinen Frauenteams.

Das Aufweichen von stereotypen Geschlechternormen bringt nicht nur Freiheit und Entwicklungsmöglichkeiten für Einzelne mit sich, sondern auch wirtschaftlichen Erfolg für Unternehmen. Firmen profitieren davon, wenn ihre Teams gemischt besetzt sind. Keine reinen Männerteams, keine reinen Frauenteams. So blöd es klingen mag, aber gemeinsam sind wir stärker. Jeder profitiert von den Vorteilen der anderen.  

Das Institut für Weltwirtschaft aus Kiel fand in einer Studie heraus, wie Gruppen Entscheidungen treffen, je nachdem, wie sie geschlechtertechnisch besetzt sind. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass geschlechtertypisches Verhalten sich bemerkbar macht, sobald ein Geschlecht überrepräsentiert ist (1). 

Wie arbeiten Frauen? 

Je mehr Frauen in einem Team vertreten sind, umso niedriger ist die Risikobereitschaft bei Entscheidungen (1). Aus der Verhaltensökonomie ist bekannt, dass Frauen Ergebnisse erzielen wollen und auf inhaltlicher Ebene diskutieren. Sie versuchen, konsensorientiert zu entscheiden – auch wenn die Entscheidungsfindung deshalb länger dauert (2). 

Wie arbeiten Männer? 

Im Gegensatz dazu treffen Männer riskantere Entscheidungen, wenn ihr Geschlecht überrepräsentiert ist, ergab die Studie aus Kiel (1). Männer sollen auch in ihren Individualentscheidungen risikobereiter sein als Frauen. 

In männlich geprägten Teams trifft derjenige die Entscheidung, der die Macht hat – entweder aus hierarchischen Gründen als Chef oder Teamleiter oder aus einer informellen Machtposition heraus: derjenige, mit mehr Wissen, Kontakten oder mentaler Stärke (2). 

Achtung, Gruppendynamik!

Die Kieler Studie experimentierte mit unterschiedlichen Zusammensetzungen aus Frauen- und Männergruppen. Dabei kam auch heraus, dass reine Männergruppen ein höheres Risiko eingehen würden, als jeder Mann individuell bereit gewesen wäre einzugehen. 

Umgekehrt sah das Bild bei reinen Frauenteams aus: In der Frauengruppe trafen die Frauen gemeinsam eine noch weniger riskante Entscheidung als jede einzeln getroffen hätte. 

Homogenität verstärkt die Entscheidungstendenz. Auch das ist nicht ideal, resümieren die Forscher:innen. Männergruppen riskieren wider besseres Wissen zu viel, Frauen zu wenig und lassen somit Chancen ungenutzt (1). Ein diverses Team würde hingegen zu einem ausgewogeneren Entscheidungsprozess führen. Indem verschiedene Perspektiven, Erfahrungen und Fähigkeiten zusammenkommen, können verschiedene Meinungen und Standpunkte berücksichtigt werden. Dies fördert eine umfassendere und objektivere Bewertung von Risiken und Chancen.

Als eine mögliche Ursache für diese Dynamiken werden kulturelle Normen angegeben. Ein gutes Beispiel dafür, dass niemand profitiert, wenn Menschen Geschlechternormen übergestülpt werden

Warum sind diverse Teams erfolgreicher? 

Laut der Kieler Studie gleichen sich die beiden Geschlechter bei der Entscheidungsfindung gegenseitig aus. Sie treffen sich zwischen ihren Lagern und finden einen Kompromiss. Die Entscheidungen, die in dieser Mitte getroffen werden, sollen ausgewogener und damit besser sein (1). 

Gemischte Teams treffen also schon mal bessere, klügere Entscheidungen. Sie agieren darüber hinaus auch wirtschaftlich erfolgreicher – das ergab eine internationale Studie von Unternehmensberatung McKinsey (3). 

Diversität in Vorständen und wirtschaftlicher Erfolg ließen sich hier in Zusammenhang bringen. Unternehmen mit dem größten Anteil an Frauen im Topmanagement haben eine 25 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich effizient zu sein. Dieser Wert ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen: 2014 lag er bei 15 Prozent, 2017 schon bei 21 Prozent. 

Abgesehen von besseren Entscheidungen und wirtschaftlichem Erfolg zeigen Studien auch, dass Männer persönlich davon profitieren, wenn sie an einem Ort arbeiten, an dem es keine Diskriminierung der Geschlechter gibt (4): Es verbessert ihre Gesundheit, sie haben die Freiheit, sich selbst zu entfalten und die Möglichkeit, finanzielle Verantwortung mit ihren Partner:innen zu teilen. Das klingt doch erstrebenswert!

Keine Angst vor der Quote

All diese offensichtlichen Vorteile und trotzdem sind Frauen in vielen Führungspositionen noch unterrepräsentiert. Obwohl knapp mehr als die Hälfte der Uni-Absolvent:innen weiblich sind, besetzen Frauen bislang nur rund 29 Prozent der Führungspositionen. Bei den DAX-Vorständ:innen hat sich immerhin etwas getan: Hier sind knapp 22 Prozent weiblich, 2013 – also vor zehn Jahren – waren es nur 6 Prozent. Dennoch zeigt der Gender Diversity Index der Unternehmensberatung BCG, dass Deutschland im europäischen Vergleich hinterherhinkt: Platz 24 in Sachen Diversität im deutschen Top-Management. Da ist noch viel Luft nach oben.(5)

Das Thema „Quote“ führt häufig zu langen Diskussionen – bei Frauen und Männern. Egal, wie man zur Quote steht, die Vorteile von gemischten Teams sind wissenschaftlich belegt, auch die wirtschaftlichen. Wenn Geld es nicht richtet, dann bedauerlicherweise wohl nur noch das Gesetz. 

Nachteile von diversen Teams

Allerdings, wie alles, hat auch Diversität nicht nur glänzende Seiten. Eine Untersuchung aus Deutschland kam zu der Erkenntnis, dass gerade unter Zeitdruck die positiven Effekte diverser Teams reduziert werden, da sich diverse Teams oder Teile des Teams eher zurückziehen und so der Informationsaustausch gestört wird. Die überwiegend guten Eigenschaften diverser Teams können also durchaus fragil sein. (6)(7)

Diversität im Team

Effizienz, wirtschaftlicher Erfolg, bessere Entscheidungen – alles sehr gute Ergebnisse diverser Teams. Beim Stichwort Diversität darf man aber nicht nur an Geschlechter-Diversität denken, der Begriff umfasst unter anderem auch Sexualität, Herkunft und Alter. Jede dieser Gruppen bringt spezielle Erfahrungen, Wissen und Informationen mit, die sehr individuell sind und nicht von jedem gelernt werden können. Von dieser bunten Vielfalt profitieren aber unterm Strich alle.

Generationenkonflikt in Teams

Nervige Boomer vs. faule Jugend, so könnte man den aktuell immer wieder dargestellten Konflikt zwischen den Generationen auch betiteln. Die eine Konfliktpartei wirft der anderen vor, faul zu sein, keine Arbeitsmoral zu besitzen und nur egoistisch nach eigenen Idealen zu arbeiten. Die Jugend hingegen sieht vor lauter Krisen – Krieg, Klimawandel, Corona & Co. – nicht den Sinn, 70 Stunden pro Woche zu ackern und möchte eher arbeiten, um zu leben und nicht andersherum.

Schaffe, Schaffe, Häusle bauen – nichts scheint weiter weg zu sein von Jugendlichen als das. Jugendforscher Schnetzer stellt in seiner Trendstudie zur Jugend 2023 allerdings fest: Einen tatsächlichen Generationenkonflikt gibt es eigentlich gar nicht. Eher ein „… Unverständnis gegenüber den Wünschen und der Erwartungshaltung anderer“ – und dagegen hilft wie in vielen Fällen eine offene, zugewandte Kommunikation.

Beim Arbeiten können bis zu fünf Jahrzehnte in einem Team aufeinandertreffen. Das kann schon mal zu Konflikten führen. Viel schlauer wäre jedoch, wenn alle voneinander lernen: die Älteren von der Technik- und Digitalselbstverständlichkeit der Jüngeren, die Jüngeren von den Erfahrungen und dem enormen Wissensstand der Älteren.

2013 zeigte übrigens eine Studie vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, dass Altersdiversität nicht nur zum Unternehmenserfolg beiträgt, sondern auch richtig motivierend sein kann. Ältere Mitarbeitende bleiben in altersgemischten Teams eher bis zur Regelrente im Berufsleben. Macht ja vielleicht sogar Spaß, mit den jungen Hüpfern als Kolleg:innen. (9)(10)(11)

Gemischte Teams im MINT-Bereich als Lebensrettung

Bessere Entscheidungen, wirtschaftlicher Erfolg. Und Lebensnotwendigkeit! Wenn zum Beispiel Frauen in MINT-Berufen unterrepräsentiert sind, werden sie in der Forschung oft nicht mitgedacht. Das kann in einigen Fällen tödlich sein, wie wir in unserem Artikel Frauen in MINT Berufen und Studiengängen dargelegt haben. 

Diversität in der Arbeitswelt 

Nicht nur Geschlechter-Diversität bringt Vorteile in der Arbeitswelt. Die oben bereits genannte Studie von McKinsey untersuchte in ihrer internationalen Forschung auch, welche wirtschaftlichen Vorteile Teams bringen, die Mitarbeiter:innen verschiedener Herkunft beschäftigen (3): Mit 36 Prozent waren auch ethnisch gemischte Teams wirtschaftlich überdurchschnittlich erfolgreicher als ein nicht oder weniger diverses Team.  

Wie es aktuell um die Diversität in deutschen Unternehmen bestellt ist, erfahrt ihr hier: Diversity in Unternehmen des deutschen Arbeitsmarktes.

Wie wirkt sich kulturelle Vielfalt in der Arbeitswelt aus?

Kulturelle Vielfalt – das ist auch in Deutschland ein Thema wie das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (kurz KOFA) vom Institut für Wirtschaft zusammenstellt (8). Sie betonen, dass vielfältig zusammengesetzte Teams das Innovationspotenzial von Unternehmen steigern können. Dabei komme es abgesehen von Indikatoren wie Alter und Geschlecht auch auf den Faktor Herkunft an. 

Neben der Steigerung des Innovationspotenzials listen sie auch Verbesserungen bei Arbeitgeber:innenattraktivität, Fachkräftesicherung und verbesserte Kundenorientierung auf. 

Vielfältig aufgestellte Teams sind besser aufgestellte Teams

Anmerkung: In diesem Artikel ist von zwei Geschlechtern die Rede: Frauen und Männern. Dies liegt an den vorliegenden Quellen, die in ihren Studienlagen oft nur zwei Geschlechter untersuchen/anerkennen. Diversität der Geschlechtergalaxie kommt hier – leider noch – nicht vor oder wird noch nicht ausgewertet. 

Dieser Beitrag wurde erstmals am 2. August 2021 veröffentlicht und am 26. August 2023 überarbeitet und aktualisiert.

Autorenportät Lisa Friedmann mit Pflanze
Autorin
Lisa Friedmann

Lisa Friedmann (Hamburg), Jahrgang 1984, studierte Informationswissenschaften (Diplom) und arbeitet seit über 15 Jahren als Redakteurin und Content-Managerin für verschiedene Unternehmen. Sie hat keine Ahnung von Pflanzen, aber einen grünen Daumen.

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