§ 929 BGB – Einigung und Übergabe, Schema, Beispiel, Erklärung

§ 929 BGB regelt die Eigentumsübertragung beweglicher Sachen durch Einigung und Übergabe – mit Beispiel, Prüfungsschema und BGH-Fall.

§ 929 BGB – Einigung und Übergabe einfach erklärt

§ 929 BGB gehört zu den wichtigsten Vorschriften im Sachenrecht. Er regelt, wie das Eigentum an einer beweglichen Sache – also zum Beispiel einem Auto, Fahrrad oder Smartphone – wirksam auf eine andere Person übergeht. Dafür müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Welche dies genau sind und wie du das prüfen könntest, erfährst du hier.

§ 929 BGB – Gesetzestext

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.
Gesetze im Internet

929 BGB – Erklärung

§ 929 S. 1 BGB behandelt den Grundfall des rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs an einer beweglichen Sache. Die Voraussetzungen für den Eigentumserwerb sind die dingliche Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber über den Übergang des Eigentums sowie die Übergabe der Sache an den Erwerber.

Zudem müssen die Parteien im Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbstatbestandes noch einig sein, d.h., keine der abgegebenen Willenserklärungen darf widerrufen worden sein. Zuletzt muss der Veräußernde auch Verfügungsbefugnis über die Sache haben. (1)

Achtung: Damit das Eigentum an beweglichen Sachen (z. B. einem Fahrrad oder Buch) übergeht, braucht man die Voraussetzungen aus den §§ 929 ff. BGB. Dabei gilt: Der Eigentumsübergang ist ein eigenes Rechtsgeschäft (ein sog. Verfügungsgeschäft) und hängt nicht davon ab, ob es einen (wirksamen) Vertrag (also ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft) gibt.

Das bedeutet: Vertrag und Eigentumsübergang sind rechtlich voneinander getrennt. Dieses Trennungsprinzip zeigt, dass die Übereignung unabhängig vom Vertrag funktioniert. Außerdem gilt das Abstraktionsprinzip: Auch wenn es keinen gültigen Vertrag gibt oder dieser später unwirksam ist, kann die Übertragung des Eigentums trotzdem wirksam sein. Vertrag und Übereignung stehen also rechtlich selbstständig nebeneinander. (2)

(1) Rumpf-Rometsch, Die Fälle, BGB Sachenrecht 1, 6. Auflage 2011, S. 39.
(2) Wellenhofer, Sachenrecht, 37. Auflage 2022, § 7 Rn. 3, 8.

§ 929 BGB – Beispiel

Lisa verkauft Paul ihr Fahrrad. Paul schaut sich das Rad an und sie einigen sich darauf, dass er dies kaufen will; Lisa übergibt Paul das Fahrrad, der damit direkt nach Hause fährt. ➡ Durch die Einigung und die Übergabe wird Paul Eigentümer des Fahrrads nach § 929 BGB.

§ 929 BGB – Konkreter Fall

BGH zur Beweislast beim gutgläubigen Erwerb eines Fahrzeugs

BGH, Urteil vom 23.09.2022 – V ZR 148/21

Sachverhalt

Eine italienische Gesellschaft kaufte über einen Vermittler ein Fahrzeug von einem Autohaus in Deutschland. Tatsächlich war das Auto von einer Leasinggesellschaft an das Autohaus verleast worden, sodass das Autohaus nicht Eigentümer war. Die italienische Gesellschaft bezahlte den Kaufpreis und der Vermittler holte das Fahrzeug ab. Die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) verblieb jedoch bei der Leasinggesellschaft.

Die Käuferin berief sich auf einen gutgläubigen Erwerb und forderte die Herausgabe der Zulassungsbescheinigung. Die Leasinggesellschaft verlangte im Gegenzug die Herausgabe des Fahrzeugs.

Entscheidung

Der BGH entschied, dass die Klägerin wirksam Eigentum an dem Fahrzeug erworben hatte. Es lag eine Übergabe und Einigung gemäß § 929 Satz 1 BGB zwischen dem Autohaus und der Klägerin vor. Obwohl das Autohaus nicht Eigentümer war, konnte die Klägerin aufgrund eines gutgläubigen Erwerbs Eigentum erlangen.

Wichtig: Die Leasinggesellschaft hätte beweisen müssen, dass die Klägerin beim Erwerb bösgläubig war. Diese konnte darlegen, dass ihr eine hochwertige Fälschung der Zulassungsbescheinigung vorgelegt wurde, wodurch sie ihre sogenannte sekundäre Darlegungslast erfüllt hatte.

Fazit: Auch wenn die Zulassungsbescheinigung nicht übergeben wird, kann Eigentum nach § 929 BGB übergehen, wenn Übergabe und Einigung vorliegen und ein gutgläubiger Erwerb möglich ist.

Pressemitteilung des BGH vom 23.09.2022 zum Urteil V ZR 148/21

§ 929 BGB – Schema

Vorab ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass es bei § 929 BGB nicht um eine eigenständige Anspruchsgrundlage handelt. Der Paragraf wird deswegen meistens in Verknüpfung mit anderen Normen geprüft (z.B. 985 BGB, Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer einer Sache).

Den Erwerb des Eigentums nach § 929 S. 1 BGB prüft man folgendermaßen:

I. Einigung

Der dingliche Vertrag (Verfügungsvertrag) zwischen Veräußerer und Erwerber über den Eigentumsübergang, der aus zwei auf die Eigentumsübertragung gerichteten Willenserklärungen besteht. Die Auslegung richtet sich nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB).

II. Übergabe

Die Eigentumsübertragung wird durch die Übergabe der Sache nach außen erkennbar gemacht. Dies ist Ausdruck des sachenrechtlichen Publizitätsgrundsatzes. Dazu ist erforderlich, dass der Veräußerer den Besitz der Sache vollständig aufgibt und der Erwerber selbst den unmittelbaren Besitz (§ 854 BGB) erwirbt oder dieser durch eine Geheißperson oder einen Besitzmittler (§ 868 BGB) erworben wird.

III. Einigsein im maßgeblichen Zeitpunkt

Im Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbstatbestandes müssen die Parteien in ihrem Willen übereinstimmen; es darf also keine der hierfür abgegebenen Willenserklärungen widerrufen worden sein.

IV. Berechtigung des Veräußerers (Verfügungsbefugnis)

Der Veräußerer ist zur Verfügung über die Sache berechtigt, wenn er selbst Eigentümer ist, oder vom Eigentümer zum Veräußern der Sache ermächtigt wurde (§ 185 BGB).

V. Ergebnis

Damit ist der Erwerbstatbestand des § 929 S. 1 BGB vollständig erfüllt. Das Eigentum ist wirksam übertragen und der Erwerber somit neuer Eigentümer der Sache geworden.

Gruppe, Team, Freunde, Redaktion, Avatar
Autorinnen
Karrieremagazin Redaktionsteam

Liebevoll für euch zusammengestellt vom Karrieremagazin Redaktionsteam von IQB & Myjobfair