
§ 831 BGB Haftung für Verrichtungsgehilfen – BGB einfach erklärt
BGB einfach erklärt – § 831 BGB regelt die Haftung des Geschäftsherrn für rechtswidriges Verhalten von Verrichtungsgehilfen. Schema, Erklärung, Fall.
§ 831 BGB – Haftung für Verrichtungsgehilfen
Oftmals werden gewerbliche Leistungen nicht vom Schuldner selbst, sondern von seinen Mitarbeitenden erbracht. Diese können Fehler machen oder sich falsch verhalten und dabei die Rechtsgüter von Dritten verletzen. Die daraus möglicherweise entstehende Haftung für den Schuldner (den sog. Geschäftsherrn) ist in § 831 BGB geregelt.
§ 831 BGB – Gesetzestext
§ 831 BGB – Haftung für den Verrichtungsgehilfen
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
Quelle: → gesetze-im-internet.de
§ 831 BGB – Erklärung
§ 831 BGB regelt die deliktische Haftung für das Verhalten sogenannter Verrichtungsgehilfen. Der Geschäftsherr haftet, wenn die von ihm beauftragte Person einem Dritten in Ausführung der übertragenen Tätigkeit einen rechtswidrigen Schaden zufügt. Die Norm dient dem Opferschutz: Wer sich zur Erledigung eigener Angelegenheiten Dritter bedient, muss auch für deren Fehlverhalten einstehen – es sei denn, er kann sich exkulpieren, also von der Haftung befreien.

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§ 831 BGB – Verrichtungsgehilfe Definition
Ein Verrichtungsgehilfe ist, wem vom Geschäftsherrn eine nach dessen Weisungen auszuführende Tätigkeit übertragen worden ist. Die Art der Tätigkeit ist dabei unerheblich, sie kann tatsächlich sein (z.B. im Rahmen eines Werkvertrags) oder eine rechtliche Natur haben (z.B. Führung eines Rechtsstreits). Auch kommt es nicht auf die Dauer oder Entgeltlichkeit der Tätigkeit an. Der Verrichtungsgehilfe muss dem Geschäftsherrn gegenüber weisungsgebunden sein, das heißt, der Geschäftsherr kann die Tätigkeit des Gehilfen beschränken, untersagen oder nach Zeit und Umfang bestimmen. So grenzt sich der Verrichtungsgehilfe im Sinne des § 831 BGB beispielsweise von einem selbstständigen Unternehmer ab, der für einen anderen tätig wird; dieser führt nämlich eigenbestimmt seine Arbeiten aus und trägt dafür die Verantwortung.
Besonders wichtig ist die Abgrenzung des Verrichtungs- vom Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB). Der Erfüllungsgehilfe handelt für den Schuldner, der für dessen schuldhaftes Verhalten haftet (§ 278 BGB). Es liegt also eine Haftung für fremdes Verschulden vor. Der Verrichtungsgehilfe (§ 831 Abs. 1 BGB) handelt ebenfalls für den Schuldner, doch haftet dieser nur bei eigenem Verschulden, z.B. bei Auswahl- oder Aufsichtsfehlern. Ein Verschulden des Gehilfen ist nicht erforderlich.
Zudem handelt es sich bei § 831 Abs. 1 BGB um eine eigenständige Anspruchsgrundlage, während § 278 BGB lediglich eine Zurechnungsnorm ist und deswegen immer im Zusammenhang mit anderen Regelungen geprüft werden muss, die eine Haftung des Schuldners für schuldhaftes Verhalten begründen können.
Quellen →
Musielak/Hau, Grundkurs BGB, 15. Auflage 2017, § 10 Rn. 1240.
Egbert Rumpf-Rometsch, Die Fälle, BGB Schuldrecht AT, 11. Auflage 2022, S. 149.
Musielak/Hau, Grundkurs BGB, 15. Auflage 2017, § 10 Rn. 1222

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§ 823 BGB Schadensersatzpflicht – Einfach erklärt
Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 1 BGB und die Verletzung absoluter Rechtsgüter – Gesetz, Erläuterung & Prüfungsschema
§ 831 BGB – Beispiel
Hier ein kleiner Beispielsfall des Verrichtungsgehilfen: G betreibt ein Gartencenter und liefert große Pflanzen wie Bäume und Hecken direkt an Kunden aus. Gs Mitarbeiter M verursacht auf einer Auslieferungsfahrt fahrlässig einen Verkehrsunfall und beschädigt den Wagen des X. M hat hier widerrechtlich das Eigentum des X in Ausführung seiner Verrichtung für den G verletzt.
X könnte nun einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 831 Abs. 1 BGB gegen den G haben, wenn dieser nicht nachweisen kann, dass er bei der Auswahl und Überwachung seines Arbeitnehmers die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat (§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB). Wenn eine solche Entlastung des Geschäftsherrn infrage kommt, wird der Sachverhalt entsprechende Hinweise liefern (z.B. “Der M hatte in seiner dreijährigen Beschäftigung beim G immer zuverlässig gearbeitet und war gut ausgebildet.”, oder “Der M war im Unternehmen bereits mehrmals als unzuverlässig und achtlos aufgefallen.”).

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§ 831 BGB – Konkreter Fall
BGH, Urteil vom 19. Januar 2023 – III ZR 198/21
In dem Fall ging es um die Frage, ob ein Notarzt, der im Rahmen eines organisierten Notfalldienstes tätig wird, als Verrichtungsgehilfe eines niedergelassenen Arztes anzusehen ist, der sich dem Notdienst angeschlossen hat. Ein Patient erlitt durch eine fehlerhafte Behandlung durch den Notarzt einen gesundheitlichen Schaden.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Notarzt unter bestimmten Umständen als Verrichtungsgehilfe des niedergelassenen Arztes gilt, wenn dieser sich bewusst der Dienste des Notarztes zur Erfüllung seiner Pflichten im Bereitschaftsdienst bedient. Voraussetzung ist, dass der niedergelassene Arzt in die Organisation eingebunden ist und sich das Handeln des Notarztes zurechnen lassen muss. Eine Haftung nach § 831 BGB kommt daher in Betracht, sofern keine erfolgreiche Exkulpation gelingt.
Quelle: → anwalt.de: Notarzt als Verrichtungsgehilfe
BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 – VIII ZR 109/20
In diesem Fall ging es um einen Mieter, der Schadensersatz von seiner Vermieterin verlangte, nachdem ein von der Vermieterin beauftragter Handwerker bei Arbeiten in der Wohnung des Mieters einen Wasserschaden an dessen Mobiliar verursacht hatte. Der BGH stellte klar, dass der Vermieter für Pflichtverletzungen des von ihm beauftragten Handwerkers nach § 831 BGB haften kann.
Entscheidend war, dass der Handwerker bei der Ausführung der ihm übertragenen Verrichtung den Schaden verursachte und der Vermieter sich nicht erfolgreich entlasten konnte. Die Haftung konnte nicht unter Hinweis auf eine fehlende vertragliche Beziehung zwischen Mieter und Handwerker verneint werden, da es sich um eine deliktische Zurechnung über § 831 BGB handelt.
Quelle: → beck.de: Anspruch auf Schadensersatz wegen Obhutspflichtverletzung

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§ 831 BGB – Prüfungsschema
Ein Anspruch aus § 831 BGB wird anhand des folgenden Schemas geprüft:
Verrichtungsgehilfe
- Tätigkeit mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Interesse
- Weisungsgebundenheit: der Geschäftsherr kann die Tätigkeit des Verrichtungsgehilfen beschränken, entziehen oder nach Zeit und Umfang bestimmen.
Widerrechtliche Schädigung eines Dritten (§§ 823 ff. BGB)
- Die Handlung muss objektiv den Tatbestand einer unerlaubten Handlung nach §§ 823 ff. BGB erfüllen (z.B. Verletzung des Eigentums gem. § 823 Abs. 1 BGB)
- Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens ist bei mit Bejahung eines deliktischen Tatbestands indiziert (Lehre vom Erfolgsunrecht)
- Es ist kein Verschulden des Verrichtungsgehilfen erforderlich. Die Beweislast der rechtswidrigen unerlaubten Handlung liegt beim Verletzten.
Handeln in Ausführung der Verrichtung
- Es muss ein innerer Zusammenhang zwischen Tätigkeit und Schädigung bestehen. Die Beweislast liegt beim Verletzten.
- Der Schaden darf nicht nur „bei Gelegenheit“ der Verrichtung entstanden sein.
Keine Entlastungsmöglichkeit (Exkulpation) nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB
- Das kausale Verschulden des Geschäftsherrn wird vermutet (§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB). Um sich zu exkulpieren muss der Geschäftsherr beweisen, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei Auswahl, Instruktion und Überwachung beachtet hat.
Rechtsfolge: Es besteht ein Schadensersatzanspruch gem. § 831 Abs. 1 BGB
Quelle → Musielak/Hau, Grundkurs BGB, 15. Auflage 2017, § 10 Rn. 1239 ff.

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