Wahlstation in Dubai als Sprungbrett für die Anwaltskarriere

Vom Referendariat zur Anwältin in den VAE: Erfahrungen, Rechtskultur, Netzwerken & Karrierewege im internationalen Umfeld.

Zwischen Skyline und Gesetzbüchern: Mein Weg von der Wahlstation zur Anwältin in Dubai

Katharina Jung absolvierte während ihres Referendariats ihre Wahlstation bei Rödl & Partner in Dubai. Die dort gesammelten Erfahrungen prägten ihren weiteren Berufsweg entscheidend: Nach Abschluss des Referendariats kehrte sie in die Vereinigten Arabischen Emirate zurück und ist heute als Rechtsanwältin bei Meyer-Reumann & Partners in Dubai tätig. In ihrem Erfahrungsbericht schildert sie die Besonderheiten des Rechtsalltags in Dubai, den Mehrwert einer Station im Ausland und ihre persönlichen Eindrücke aus einer der dynamischsten Metropolen der Welt.

Wahlstation in Dubai: Erste Einblicke in Recht und Kultur

Meine Wahlstation in Dubai begann im September 2024. Schon die Aussicht, drei Monate in einem der spannendsten Wirtschaftszentren der Welt arbeiten zu dürfen, weckte große Vorfreude. Ich erhoffte mir, nicht nur juristische Fachkenntnisse zu vertiefen, sondern auch Einblicke in eine Kultur und ein Rechtssystem zu gewinnen, die sich deutlich vom deutschen unterscheiden. Diese Erwartungen wurden mehr als erfüllt.

Die Niederlassung von Rödl & Partner in Dubai betreut vor allem deutsche und europäische Unternehmen, die bereits in den Golfstaaten tätig sind oder eine Expansion dorthin planen. Typische Beratungsfelder waren Gesellschaftsgründungen, steuerliche Strukturierungen sowie Fragen des Arbeitsrechts. Schon nach wenigen Tagen wurde mir klar, dass die juristische Arbeit hier nicht nur Rechtskenntnisse, sondern auch interkulturelles Verständnis verlangt.

Rechtsvielfalt in den VAE: Zwischen Kodex, Scharia und Freizonen

Das Recht der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ist kodifiziert und durch eine enge Verbindung von Staat und Religion geprägt. Die islamische Scharia bildet die historische Grundlage, hat aber im modernen Wirtschaftsrecht nur noch eine begrenzte praktische Bedeutung. Für die anwaltliche Praxis wichtiger sind die zahlreichen spezialgesetzlichen Regelungen sowie die Besonderheiten der Freizonen.

Gerade in Dubai ist dieses Nebeneinander besonders deutlich: Neben der „klassischen“ Gerichtsbarkeit existieren zum Beispiel die Dubai International Financial Centre (DIFC) Courts, die nach angelsächsischem Vorbild arbeiten und in englischer Sprache verhandeln. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie zwischen unterschiedlichen Rechtsordnungen wählen können – ein Aspekt, der für Jurist:innen zunächst ungewohnt ist, aber für die Beratungspraxis große Bedeutung hat.

Arbeiten in einem internationalen Team

Unser Team in Dubai setzte sich aus Jurist:innen unterschiedlicher Herkunft zusammen. Die Arbeitssprachen waren Deutsch und Englisch, wobei Letztere im Alltag dominierte. Da über 85 Prozent der Bevölkerung Dubais aus dem Ausland stammen, ist Englisch die Verkehrssprache, sowohl im Geschäftsleben als auch im Alltag.

Von Beginn an durfte ich eigenständig arbeiten. Zu meinen Aufgaben gehörten unter anderem die Mitarbeit bei gesellschafts- und steuerrechtlichen Fragestellungen, die Vorbereitung und Teilnahme an Mandant:innengesprächen sowie das Verfassen von Fachartikeln. Auch der Kontakt zu Behörden gehörte zum Alltag. Diese Mischung aus Beratung, Gutachtenarbeit und Kommunikation machte die Tätigkeit besonders abwechslungsreich.

Rechtsberatung in Dubai: Schnell, lösungsorientiert und stark vernetzt

Verglichen mit meiner vorherigen Erfahrung an deutschen Gerichten und Kanzleien ist die anwaltliche Tätigkeit in Dubai noch stärker von Pragmatismus und Lösungsorientierung geprägt. Während in Deutschland die exakte dogmatische Begründung im Vordergrund steht, suchen Mandant:innen in Dubai häufig nach schnellen, praxisnahen Lösungen. Der Fokus liegt weniger auf langwierigen Rechtsgutachten, sondern stärker auf Handlungsempfehlungen, die unmittelbar umsetzbar sind.

Zudem spielt Networking eine weitaus größere Rolle. Geschäftliche Kontakte entstehen nicht nur in Besprechungsräumen, sondern auch bei Konferenzen, kulturellen Veranstaltungen oder informellen Treffen.

Leben und Netzwerken in Dubai

Meine Zeit in Dubai bot zahlreiche Möglichkeiten, über die Arbeit hinaus Kontakte zu knüpfen. Veranstaltungen der Außenhandelskammer oder des Swiss Business Council waren wertvolle Plattformen, um mit Unternehmer:innen und Anwält:innen ins Gespräch zu kommen. Auch die internationale Community der Stadt macht es leicht, sich schnell zu vernetzen.

Neben dem beruflichen Aspekt blieb genügend Zeit, die Stadt kennenzulernen: Spaziergänge durch das historische Viertel Al Fahidi, ein Besuch der beeindruckenden Sheikh Zayed Moschee in der Hauptstadt Abu Dhabi oder eine Wüstensafari gaben mir das Gefühl, wirklich in eine andere Welt einzutauchen. Dubai vereint Gegensätze – traditionelle Märkte und futuristische Architektur, Wüste und Meer, konservative Werte und internationale Offenheit.

Zurück in Dubai – diesmal dauerhaft

Nach dem Ende des Referendariats kehrte ich zunächst nach Deutschland für meine mündliche Prüfung zurück, doch die Entscheidung stand fest: Ich wollte nach Dubai zurück. Heute arbeite ich als Rechtsanwältin bei Meyer-Reumann & Partners mit Schwerpunkt auf Steuerrecht, Unternehmensrecht und Familienrecht.

Die Wahlstation war für mich der entscheidende Türöffner: Sie ermöglichte mir, ein berufliches Netzwerk aufzubauen, und verschaffte mir ein Verständnis für die besonderen Anforderungen des Marktes. Ohne diese Erfahrung wäre der Schritt zurück nach Dubai deutlich schwieriger gewesen.

Tipps für das Referendariat im Ausland

Für alle, die überlegen, ihre Station im Ausland zu absolvieren, hier einige Empfehlungen:
Frühzeitig planen: Bewerbungen sollten mindestens ein Jahr im Voraus erfolgen. 
Offenheit zeigen: Kulturelle Unterschiede sind Teil der Erfahrung und bereichern die juristische Arbeit. 
Aktiv netzwerken: Veranstaltungen und Community-Treffen sind ebenso wichtig wie die Arbeit im Büro. 
Englisch verbessern: Sprachkenntnisse sind der Schlüssel, um Mandant:innenkontakte und Behördenkorrespondenz sicher zu meistern.
Flexibilität mitbringen: Viele Fragen lassen sich nicht allein durch Gesetzeslektüre beantworten, sondern erfordern pragmatische Lösungen.

Wahlstation in Dubai – Fazit

Eine Wahlstation in Dubai ist weit mehr als ein Auslandsaufenthalt: Es ist eine intensive Lernerfahrung, die juristisches Fachwissen, interkulturelle Kompetenz und persönliche Weiterentwicklung verbindet. Wer bereit ist, sich auf Neues einzulassen, gewinnt nicht nur spannende Einblicke, sondern möglicherweise auch eine berufliche Zukunft im Ausland.

Für mich war der Schritt entscheidend: Aus drei Monaten Wahlstation wurde eine dauerhafte Rückkehr – und der Beginn meiner anwaltlichen Tätigkeit bei Meyer-Reumann & Partners in einem der dynamischsten Rechtsräume der Welt.

Katharina Jung
Autorin
Katharina Jung

Katharina Jung ist Rechtsanwältin bei Meyer-Reumann & Partners, Vereinigte Arabische Emirate (Dubai).Bei Fragen zu der Station könnt ihr euch jederzeit gerne per Mail an Katharina@meyer-reumann.com wenden.