
Active Sourcing im Recruiting und der „War for Talents“
Wer attraktives Personal locken möchte, muss sich von der komfortablen Vorstellung von zahlreichen Top-Bewerbungen auf eine einfache Stellenausschreibung verabschieden und selbst nach seinen Wunschkandidat:innen suchen. Kurz: Active Sourcing.

Active Sourcing im Recruiting und der „War for Talents“
Der Arbeitsmarkt ist eng mit gesellschaftlichen Entwicklungen und Trends verknüpft und daher immer in Bewegung. Die „lineare“ Karriere, von der Ausbildung bis zur Rente im selben Unternehmen, wird heute von vielen als nicht mehr zeitgemäß wahrgenommen.
Auch die Rollen im Arbeitsverhältnis bewegen sich immer mehr auf Augenhöhe – längst regieren Arbeitgeber nicht mehr allein die Welt. Während die Digitalisierung voranschreitet, Personalmangel die Schlagzeilen beherrscht [1] und verschiedene Arbeitszeitmodelle sich verbreiten, können Arbeitnehmer – nicht nur in der Musterbranche IT – Ansprüche stellen.
Der „War for Talents“ ist mehr denn je Realität: Wer jetzt attraktives Personal locken möchte, muss sich von der komfortablen Vorstellung von zahlreichen Top-Bewerbungen auf eine einfache Stellenausschreibung („Post & Pray“) verabschieden und selbst nach seinen Wunschkandidat:innen suchen. Kurz: Active Sourcing. Und das können Absolvent:innen und Berufstätige geschickt für sich nutzen.
Was bedeutet Active Sourcing im Recruiting?
Als Active Sourcing bezeichnet man die Identifikation und Direktansprache interessanter Kandidat:innen durch Organisationen in verschiedenen Kanälen. Eine Studie der Uni Bamberg im Jahr 2020 zeigte bereits: Etwa jede siebte Einstellung wird über Active Sourcing generiert, in der IT sogar jede vierte – Tendenz steigend [2], [3]. Anders als externe Headhunter für Spitzenpositionen, sind es meist unternehmenseigene Recruiter, die Active Sourcing betreiben, um offene Stellen vom Junior bis zur Führungskraft zu besetzen.
Wie funktioniert Active Sourcing?
Beim Active Sourcing werden gezielt Personen angesprochen, die exakt auf die Jobbeschreibung passen, aber in der Regel zur Zeit nicht auf Jobsuche sind.
Zunächst werden die für die Position erforderlichen Qualifikationen, aber auch Details wie spezielle Interessen, Kompetenzen und Persönlichkeitsmerkmale des/der gesuchten Bewerber:in zusammengetragen. Im nächsten Schritt wird nach genau diesen Kandidat:innen gesucht – und zwar unmittelbar dort, wo sie sich im beruflichen Kontext aufhalten und wohlfühlen. Denn: Um das „perfekte Match“ zu finden, werden beim Active Sourcing auch Personen angesprochen, die derzeit gar nicht auf Jobsuche sind.
Die Ansprache muss „sitzen“: Zum einen ist der oder die Kandidat:in vielleicht aktuell gebunden, zufrieden und muss von einem Wechsel grundsätzlich überzeugt werden. Zum anderen besteht an diesem Toptalent womöglich weiteres Interesse und der oder die Recruiter:in muss sich gegen die Konkurrenz durchsetzen. Dementsprechend ist seine Aufgabe nun, mithilfe eines möglichst attraktiven, individuellen Angebots ins Gespräch zu kommen. [4]

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Welche Methoden des Active Sourcings gibt es?
Gezielte Kandidatenansprache: Mit Profile Mining zu den besten Talenten
Active Sourcing findet mit Hilfe verschiedener Tools sowohl off- als auch online statt – eben dort, wo sich potenzielle Kandidat:innen tummeln. Im Netz sind soziale Business-Plattformen wie LinkedIn für gezieltes Recruiting immer beliebter. Hier lassen sich mit ausgewählten Schlagworten gezielt interessante Profile finden (Profile Mining), Expert:innen und Meinungsführer:innen in Gruppen mit bestimmten Interessen identifizieren oder nach Zweit- oder Drittkontakten im bestehenden Netzwerk suchen.
Die Bedeutung von Talentpools im Recruiting-Prozess: Potenziale für die Zukunft sichern
Viele Organisationen oder externe Recruitingdienstleister (zum Beispiel Talentefinder, Stepstone und Monster) bauen sogenannte Talentpools auf. Diese setzen sich zusammen aus Initiativbewerber:innen, Interessent:innen oder Kandidat:innen für ältere Stellen, die nicht zu 100 Prozent gepasst haben, durchaus aber Potenzial für eine andere, spätere Vakanz haben. Auch überzeugende ehemalige Praktikant:innen oder Werkstudent:innen können aufgenommen und unkompliziert wieder angesprochen werden.
Referral Sourcing: Die Kraft von persönlichen Empfehlungen
Eine weitere Methode des Active Sourcings nennt sich „Referral Sourcing“. Hier unterstützen bestehende Mitarbeiter:innen oder andere enge Kontakte des Unternehmens den Recruitingprozess mit persönlichen Empfehlungen aus ihrem Netzwerk, was die persönliche und vertrauenswürdige Ansprache für Personaler:innen wesentlich leichter macht. Offline bieten Karriere-Messen, Uni-Veranstaltungen, Netzwerk-Events und Branchentreffen ein meist gesprächsbereites Publikum aus geballtem Talent, das direkt persönlich erreicht werden kann [5].
Warum liegt Active Sourcing im Trend?
Der Arbeitnehmermarkt von heute: Warum Unternehmen um Talente werben müssen
Schon lange haben Unternehmen erkannt, dass man um talentierte und hochqualifizierte Mitarbeiter:innen durchaus werben muss. Momentan herrscht ein besonders ausgeprägter Arbeitnehmermarkt: Die Konkurrenz um Fachkräfte ist hoch, manche Stellen bleiben lange unbesetzt. Vielen Mitarbeitern ist ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit zu Freizeit wichtiger denn je, flexible Teilzeitmodelle, mobile Work und Ausgleichszeiten werden vorausgesetzt. Arbeitgeber haben schlicht keine andere Wahl, als sich hochprofessionell aufzustellen, am Puls der Zeit zu bleiben und neue Wege im Recruiting zu gehen.
Vorteile des Active Sourcing: Effektive Kandidatenansprache durch moderne Technologien
Active Sourcing hat aber weitere Vorteile für Arbeitgeber. Die steigende Popularität und fortlaufende Optimierung von Suchmaschinen und sozialen Karrierenetzwerken erleichtert es Personaler:innen, Wunschkandidaten mithilfe eines klar definierten Profils zu finden und kontaktieren. Bewerbungsprozesse kosten Zeit und Geld, auch weit über die Einstellung hinaus. Das ist bei klassischen Ausschreibungen und auch beim Active Sourcing so.
Höhere Erfolgsquote durch präzise, personalisierte Ansprache und positive Auswirkungen auf die Arbeitgebermarke
Letztes verspricht aber eine höhere Erfolgsquote – denn anstatt hunderte Bewerbungen oberflächlich zu sichten und bewerten, konzentriert man sich auf perfekt zugeschnittene Angebote für wenige, dafür qualitativ umso bessere Matches. Diese persönliche Ansprache wirkt sich positiv auf die Employer Brand, also die Gesamt-Attraktivität einer Arbeitgebermarke, aus. Wer dem Wettbewerb dann noch mit einer gut getimten Ansprache zuvorkommt, macht bestenfalls auch die Kandidat:innen neugierig, die gerade gar nicht offensiv nach einer neuen Stelle suchen.

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Was sind Vor- und Nachteile für Bewerber:innen?
Vorteile für Bewerber:innen beim Active Sourcing: Warum Top-Talente gefragt sind
Als Bewerber:in kannst du vom Recruiting-Trend Active Sourcing profitieren. High Performer:innen, Fachkräfte in begehrten Branchen oder herausstechende Persönlichkeiten kommen manchmal ganz ohne größeren Bewerbungsaufwand aus. Wenn mehrere Arbeitgeber um dieselbe Personalie buhlen, kann diese Wünsche äußern, Forderungen durchsetzen und am Ende das für sich optimale Angebot aussuchen – ob finanziell, inhaltlich oder perspektivisch. Das ist eine bequeme Situation, die Bewerber:innen auch mal ausnutzen. Mittlerweile zeigen Umfragen, dass bis zu 90 % der Recruiter:innen schon Erfahrungen mit „Ghosting“ gemacht haben [6]. Im Beruf gilt aber (wie auch sonst im Leben): Man sieht sich im Leben immer zweimal. Und vielleicht bist beim nächsten Mal du derjenige, der den Job unbedingt haben möchte. Bleib daher immer professionell und fair.
Active Sourcing: Der erste Schritt eines Unternehmens zu dir – und wie du darauf reagierst
Das Schöne am Active Sourcing: Mit einer Kontaktaufnahme macht der potenzielle Arbeitgeber den ersten Schritt, signalisiert sein Interesse an dir und du hast schon einmal einen kleinen Vorsprung. Damit ist die passive Rolle aber auch schnell Geschichte, denn auch wenn so eine Anfrage schmeichelhaft ist, obliegt dir die Entscheidung, wie du darauf reagierst. Wichtig ist es jetzt, dich gut zu informieren. Jedes Unternehmen stellt sich bei einer solchen Ansprache so positiv wie möglich dar, das darfst du durchaus kritisch auf den Prüfstand stellen – erst recht, wenn du aus einer (Fest-)Anstellung abgeworben wirst. Beispielhafte Faktoren, die du überprüfen kannst, sind:
- Die Rolle deiner Kontaktperson im Unternehmen: Ist sie seriös und vertrauenswürdig?
- Professionalität und Individualität der Ansprache: Geht der Recruiter auf dich, deinen Werdegang und deine Interessen ein?
- Erfahrungen in deinem Netzwerk mit dem Unternehmen: Kam die Anfrage beispielsweise über einen gemeinsamen Bekannten, was sagt er oder sie dazu?
- Bewertungen von anderen Angestellten und Bewerber:innen, zum Beispiel bei Kununu.
Active Sourcing aktiv unterstützen: Wie mache ich Recruiter auf mich aufmerksam?
Gerade als Berufsanfänger fragst du dich vielleicht, warum ausgerechnet du von potenziellen Arbeitgebern gefunden und angesprochen werden solltest. Doch auch wenn beim Active Sourcing der Personalverantwortliche in der aktiven Rolle ist, kannst du ihn dabei unterstützen und Einfluss auf deine Präsenz bei potenziellen Arbeitgebern nehmen.
Unsere top Tipps zum Berufseinstieg:
- Sammle nach Möglichkeit schon im Studium erste (Berufs-)Erfahrungen. Im Praktikum oder Werkstudierendenjob knüpfst du Kontakte, lernst verschiedene Tätigkeitsbereiche kennen und findest vielleicht schon eine berufliche Nische, in der du dich wohlfühlst. Außerdem bekommst du bereits ein Bild davon, welche Unternehmenskultur und Arbeitsbedingungen zu dir passen.
- Wenn du noch nicht ganz so weit bist, dich weiter- oder umorientieren möchtest, informiere dich über die Career Services-Angebote deiner Uni oder Hochschule. Karrieremessen sind auch eine tolle Möglichkeit, niedrigschwellig mit einschlägigen Unternehmen und Berufswegen in Kontakt zu kommen.
- Mit einem Profil in sozialen Karrierenetzwerken kannst du dich genauso positionieren, wie du wahrgenommen werden möchtest. Das kannst du ganz authentisch machen: Lade deinen Lebenslauf hoch, nutze Schlagworte, unter denen du gefunden werden willst, erhöhe deine Reichweite mit interessanten Beiträgen – ob zunächst nur geteilt oder selbst geschrieben – und biete Recruitern einen leichten Weg der Kontaktaufnahme. Du kannst sogar angeben, dass du offen für neue Jobangebote bist, zum Beispiel mit einem #opentowork-Banner in deinem Profilbild. Es gibt auch spezielle Einstellungen, die nur für Nutzer:innen des Talent Managers (das sind in der Regel Recruiter:innen) sichtbar oder für Personen aus deinem eigenen Unternehmen versteckt sind.
Ein Netzwerk aufbauen, pflegen und richtig nutzen
A propos Netzwerk: Ob offline oder online, in vielen Branchen erleichtert „Vitamin B“ die Jobsuche ungemein. Dafür musst du nicht besonders extrovertiert sein. Schon deine Kommiliton:innen, Freunde und Bekannte bilden eine erste Grundlage, auf die du aufbauen kannst. Bleibe zudem im lockeren, regelmäßigen Austausch zu Kolleg:innen und Vorgesetzten.
Denn erstens: Viele Stellen werden an empfohlene Personen vergeben, bevor sie überhaupt ausgeschrieben werden. Schon 2019 zeigte die Monster-Studie Recruiting Trends einen deutlichen Rückgang der Stellen, die auf der unternehmenseigenen Website veröffentlicht werden. [7]
Durch eine ganz natürliche Beziehungspflege bieten sich daher häufiger Chancen, sich als Kandidat:in frühzeitig ins Gespräch zu bringen oder aus einer großen Menge an Bewerbern hervorzustechen. Wer mit Kompetenz überzeugt, wird gerne weiterempfohlen. Habe daher keine Scheu, deine Kontakte zu nutzen, sie um eine Referenz zu bitten oder zu fragen, ob du dich bei einem Vorstellungsgespräch auf sie persönlich beziehen darfst.
Zweitens: Menschen, die schon dort sind, wo du hin möchtest, sind die wertvollsten Mentoren und Unterstützer. Weiter fortgeschrittene Kolleg:innen und Führungskräfte haben meist Erfahrungen, Fach- und Insiderwissen, die dir einen entscheidenden Vorsprung verschaffen können. Außerdem können sie dich bei Karriereentscheidungen beraten und dir helfen, den für dich richtigen Berufsweg zu gehen. Lange Rede, kurzer Sinn: Die besten Mentoren und Unterstützer, die du dir wünschen kannst, findest du in deinem persönlichen Netzwerk – du musst es nur pflegen.

Birgit Klaus ist Expertin für den Berufseinstieg. Seit 2015 ist sie selbständige Personalberaterin. Spezialisiert ist sie auf die Beratung von Studierenden am Beginn von Arbeitsleben und Karriere. Dabei gibt sie ihre Erfahrungen aus langjähriger Tätigkeit im Personal- und Hochschulmarketing im gesamten deutschsprachigen Raum weiter. Als Projektleiterin hat sie zudem zahlreiche Recruitingprozesse begleitet. Bei IQB Career Services führt Birgit Klaus die Workshops für Bewerberinnen und Bewerber durch und ist für das Marketing und die Kommunikation mit Kooperationspartnern verantwortlich.
Weiterführende Infos
- [1] Studie warnt vor massivem Arbeitskräftemangel in Deutschland | Spiegel.de
- [2] Social Recruiting und Active Sourcing | Uni Bamberg
- [3] Active Sourcing Trends | indiv HR
- [4] Active Sourcing | Personalwissen
- [5] Active Sourcing | Personio
- [6] Ghosting | Personalwirtschaft
- [7] Studie Social Recruiting | Monster
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